Etwas versteckt, abseits der Truderinger Straße in der Eisenbahnersiedlung, existiert das Flügelrad schon so lange ich denken kann. Und so ist das Lokal auch schon etwas in die Jahre gekommen. Das Gebäude an sich ist frisch renoviert, der Außenbereich wirkt aber trotzdem verlebt. Die Garnituren könnten einen neuen Anstrich gebrauchen, der Verschlag für die Raucher ist schon sehr improvisiert und in einigen Ecken sind Kisten gestapelt die drinnen wohl keinen Platz mehr gefunden haben. Zusätzlich sitzt man auf einer Betonfläche, die drei Meter weiter nahtlos in eine Parkfläche übergeht. Zusammen mit dem Blick auf die Schallschutzmauer vor den Bahngleisen, nicht die schönste Außenanlage die ich kenne. Gekrönt wird das Ganze dann noch von der wilden Beschilderung des Lokals. Hier findet man Hinweise auf ein buntes Mischmasch der Kochkulturen. Keine echte Linie zu erkennen. Halt stimmt nicht, doch ein roter Faden: Günstig wird es wohl werden. Zumindest das kann man den Werbebotschaften entnehmen. Dann der erste Schritt in eine andere Welt. Was der verlebte Eingangsbereich verspricht, hält der Gastraum voll umfänglich. Renoviert wurde hier wohl schon länger nicht mehr. Die meisten Flächen sind mit Dekoration zugestellt. Auch die Wände sind mit Erinnerungsstücken vollgehängt. Leider kann der geneigte Beobachter auch hier nicht herausfinden welche Nationalküchen einen erwarten wird. Kein Charakter, nur was sich halt über die Jahre so ansammelt. Die Bar ist überladen mit Zeug, auf dem Tresen stapeln sich Kartonagen. Wenigstens hat man das Licht ausgeknipst. So liegt der Schandfleck im dunkeln verborgen. Man kann sich lebhaft die Szenerie vorstellen als hier noch geraucht werden durfte. Mir schaudert ein wenig. Irgendwie kommt man sich unpassend vor. Einige der anwesenden Gäste scheinen zum Inventar zu gehören, ist allerdings schlecht zu erkennen bei der spärlichen Beleuchtung. Zumindest wird man als Fremder erst einmal eingehend und argwöhnisch beäugt. Damit man etwas Licht abbekommt, also schnell unter ein Fenster gesetzt. Die billigen Furnier-Tische sind mit verwaschenen rot gestreiften Deckchen belegt, dazu unpassende weißblaue Papierservietten sowie gestanztes Besteck und beliebige Salz– und Pfefferstreuer. Meinen obligatorischen Check der Toiletten spare ich mir sicherheitshalber. Endlich die Speisekarte. Einleitend ein paar Worte vom Chefkoch: «Das Flügelrad ist nicht nur für Gourmets …» Wer hätte das gedacht. Selbstvertrauen hat man: Auch für Gourmets, aber nicht nur. Glück gehabt, darf also auch was bestellen. Die Karte löst dann auch das Identitätsproblem. Das Flügelrad ist ein deutsch-ungarisches Lokal. Nur leider spiegeln die nächsten Seiten das überhaupt nicht wieder. Die fantastische, ungarische Küche ist kaum vertreten. Wirklich schade, sowas gibt es in ganz Berg-am-Laim nicht. Statt dessen eine endlose Litanei an 08⁄15 Schnitzel– und Pizza-Variationen. Auf den ersten Blick fällt der hohe Anteil an frittiertem auf. Nicht nur für Gourmets also… Der Witz des Tages wird über meinen Tisch hinweggebrüllt. Offensichtlich mein Fehler. Immerhin sitze ich zwischen Stammgästen und man muss ja nicht gleich mit jedem reden. Das Tagesmenu ist heute eine Suppe sowie Schweinenacken mit Pommes. Was da für nur fünf Euro auf den Teller kommt will ich ehrlich gesagt nicht einmal anschauen. Also greife ich zur offensichtlichen Kernkompetenz und bestelle ein Cordon Blue. So kann man sich täuschen. Die schlechten Messer sind kaum in der Lage das Fleisch zu zerteilen. Meine Oma hätte gesagt: «Damit kann man nach Rom reiten». Ich vermute auch bei Paniertem wird mit der Friteuse gearbeitet. So trocken ist die Angelegenheit dann auch. Die Füllung stellt sich ebenfalls als wenig geschmacksfördernd heraus. Aus dem Bauch heraus tippe ich auf billigem Formschinken und ebenso günstigen Emmentaler. Jedenfalls nichts kremiges und auch kein zarter Schmelz. Auch Pommes habe ich schon liebevoller gesehen. In Anlehnung an die Gourmet-Küche ist der Teller dann aber auch von jedem Schnickschnack befreit. Fleisch, Pommes und Zitrone, fertig. Auf meine Bitte nach etwas zum eintunken, folgt dann wenig überraschen ein Großgebinde Ketchup. Deutsch-Ungarisch also… Nach dem dritten Wunsch an den Service(Getränk, Hauptspeise, Sauce) fühle ich mich endgültig als Störenfried. Bleibt einem nur noch die Rechnung und ab an die Sonne. Günstig war es ja, aber der Rest …