Ich habe hier eineinhalb Jahre lang trainiert. Die meiste Zeit davon lief das Studio noch als BodyStreet-Franchise und wurde dann irgendwann zu Jungborn, was aufgrund der wegfallenden BodyStreet-Vorschriften neue, bessere Geräte zur Folge hatte. Werbung gemacht wird vor allem damit, dass 20 Minuten Training pro Woche völlig ausreichend sind. Das sehe ich ein bisschen anders, aber es funktioniert ganz gut, um faule und/oder vielbeschäftigte Menschen anzulocken, die ihr schlechtes Gewissen beruhigen wollen, weil sie keine Zeit oder Lust haben, Sport zu machen. Beim EMS-Training trägt man ja einen Anzug, über den mithilfe von Elektroden unterschiedlich starke elektrische Impulse an die verschiedenen Muskelgruppen angelegt werden. Nichts anderes passiert auch beim regulären Krafttraining, nur eben in wesentlich kleinerem Ausmaß. Das Ergebnis ist, dass man nach den 20 Minuten locker so erschöpft ist wie nach einer Stunde an den Geräten im normalen Fitnesstudio, obwohl man nur mit dem eigenen Körpergewicht trainiert hat. Nach dem ersten Training hatte ich gleich mal den Muskelkater meines Lebens und konnte meine Arme nicht mal mehr ansatzweise beugen. Auch ganz alltägliche Dinge wie der Gang zur Toilette werden auf einmal viel schwerer, wenn einem Beine und Po so wehtun, dass man sich beim Hinsetzen eigentlich mit den Armen abstützen müsste, was aber ja auch nicht geht. Die Muskeln reagieren auch sehr schnell auf den Trainingsreiz und man baut mehr Muskelmasse auf. Allerdings hatte zumindest ich persönlich den Eindruck, dass ich zwar mehr Muskeln hatte, aber trotzdem nicht stärker war. Liegt vermutlich daran, dass bei«echtem» Training auch beispielsweise die Sehnen mittrainiert werden und Kraft ja nicht nur von einem dicken Muskel kommt. Ich war jedenfalls wesentlich fitter, als ich noch dreimal die Woche im normalen Fitnessstudio trainiert habe. Nun zum Studio. Die Trainer sind eigentlich alle ganz nett, müssen sie für das Geld ja auch sein. Obwohl im Studio eine Wand mit den ganzen Zertifikaten der Trainer gepflastert ist, konnte ich doch teilweise große Unterschiede bei deren Fachkompetenz feststellen. Ich bin aber auch ein böser Mensch, denn wenn ich merke, dass ein Trainer nicht so ganz bei der Sache ist, dann führe ich meine Übungen gerne auch einfach mal offensichtlich falsch aus, um zu sehen, ob der Trainer mich dann korrigiert. Leider haben diesen Test nicht alle Trainer dieses Studios bestanden. Ein Großteil der Trainer aber schon, und man weiß ja nach einer Weile auch, wer wann Dienst schiebt, da ist es ja kein Problem, immer zu einem guten Trainer zu kommen. Und von diesen bekommt man dann auch wertvolle Tipps. Customer Relationship Management wird auch sehr groß geschrieben, auch wenn ich es teilweise verwunderlich fand, von Trainern auf Themen angesprochen zu werden, die ich ganz sicher nur mit einem anderen Trainer besprochen habe. Aber ja, ist ja auch illusorisch, dass ein Geschäft mit diesem Anspruch keine Aufzeichnungen über seine Kunden führt, um ihnen ein möglichst persönliches Gefühl zu geben. Andererseits gab es auch gewisse Übungen, die ich aufgrund von Beschwerden nicht ausführen konnte, und das musste ich den meisten Trainern jedes Mal wieder aufs Neue erklären, was mich echt ein bisschen genervt hat. Die räumliche Situation der sanitären Anlagen finde ich ein bisschen suboptimal, vor allem, da die Dusche das Durchgangszimmer zur Toilette ist. Wenn also der vorherige Kunde gerade duscht, kann man nicht nochmal schnell vor dem Training auf die Toilette gehen. Außerdem gibt es nur eine Dusche, daher muss man sich immer mit dem Trainingspartner abstimmen, wer zuerst duschen darf. Wenn dann zufällig noch beide Zeitdruck haben, sehr unschön. Damit man sich rundum wohlfühlt, kann man, wenn das Geld noch etwas lockerer sitzt als es bei 20 Euro pro 20 Minuten Training(mit 18-Monats-Vertrag, sonst noch teurer) ohnehin schon sitzen muss, für 4 oder 5 Euro zusätzlich pro Training noch den Komplettservice buchen, dann bekommt man Handtücher und Trainingskleidung gestellt. Ich habe da allerdings dann doch lieber einmal die 50 Euro für die Trainingskleidung investiert. Außerdem gibt es eine Andullations-Massageliege, auf der man sich(natürlich gegen Gebühr, 10 Euro pro 30 min soweit ich weiß), mal ordentlich durchrütteln lassen kann. Eine Laserbehandlung gegen überschüssiges Körperfett wird laut der Plakate in den Umkleidekabinen(in denen gerne mal das Staubwischen der Steckdosenkanäle vergessen wird), auch angeboten. Ich habe jedenfalls aus genannten Gründen schnell das herkömmliche Auspowern im Fitnessstudio vermisst und da ich von dem Effekt des EMS-Trainings auch nicht restlos überzeugt bin, habe ich meinen Vertrag nach 18 Monaten nicht verlängert. War aber allemal interessant, mal etwas Neues auszuprobieren.