Bücherflohmarkt

Für all jene, die sich des öfteren im «Schweinchenbau» — der rosaroten Heimstatt der Psychologie und Pädagogik-​Studenten — oder im ASTA-​Umfeld herumtreiben, stellen die Buchhändler an der Leopoldstraße 15 eine Institution dar.
Für gewöhnlich bauen sie an jedem Werktag ihre Stände direkt am Bürgersteig oder der Toreinfahrt des Studentenwerksgebäudes auf.
Verkauft werden Taschen– und Hardcover-​Bücher, Kitschbilder und alte Schallplatten. Gute Platten habe ich zwar noch keine gefunden, doch bei den Büchern war ich ein ums andere Mal sehr versucht, zu zu greifen, haben die Händler doch wie ich finde einen sehr guten literarischen Geschmack, der alte Klassiker (Tolstoi, Kafka), wie auch moderne (Achternbusch, Fauser) umfasst.
Was mir an den Verkaufsständen sehr behagt, ist die gebremste Arbeitsmoral: Noch nie ist es vorgekommen, dass mir jemand unbedingt etwas aufs Auge drücken wollte, vielmehr war es so, dass ich die älteren hüstelnd beim Schachspiel unterbrechen musste, wenn mich ein Büchlein interessierte.

Auf der MunichRe-​Seite der Leopoldstraße befindet sich Kunst nicht nur in Form vom Walking Man, sondern auch von ausgestellten Bildern von irgendwelchen unbekannten Künstlern. Leider nur am Wochenende.
Gegenüber aber findet sich Kunst in einer ganz anderen Form, und zwar den Sommer über jeden schönen Tag: einmal die Kunst des Überlebens, und dann die Kunst, die zwischen zwei Buchdeckel gehört.
Der Überlebenskünstler ist derjenige, dessen Handynummer hier überall steht unter der Schrift «Kaufe alte Bücher und Platten.» Ihn sieht man morgens mit dem Kombi ankommen, Bücherkisten schleppen und Biergartentische aufbauen. Alles wird wie in der Buchhandlung aufgebaut: in Frontal– und in Rückenpräsentation. Er kann davon leben, denn die tische sind den ganzen Tag über vor allem von Studenten umschwärmt, denn die Auswahl ist groß.
Die Künstler der zweiten Form leben meist nicht mehr; doch wüssten sie, dass in der ehemaligen Boheme-​Hauptstadt Deutschlands ihre Kunst so unspektakulär so gut verkauft wird, würden sie wohl darüber schreiben.