Wir schreiben das Jahr 1977. Eine Jugend in einem Vorort einer großen Stadt. Einkaufen, Ausgehen, Kunst und Kultur finden im Zentrum statt, draußen wird gewohnt, zur Schule gegangen, man baut Blumen und Gemüse an. Kleingärten, Reihenhäuser und hässliche Neubauviertel. Naherholungsgebiete. Es gibt in Bergedorf, denn davon ist die Rede, eine hübsche Altstadt mit Villen und Sternwarte, ein Flüsschen, die Bille zieht sich durch den Ort. Man ist stolz auf das Schloss, findet eine Fußgängerzone, S-Bahnanschluss, zwei Wochenmärkte, ein Rathaus, Stadion, Parks, ein Schwimmbad. Der Bezirk hatte früher 100.000 Einwohner, eine Stadt dieser Größe wäre bekannt und wahrscheinlich würde es Ausgehmöglichkeiten und Treffpunkte, Theater und Museen geben. Keine Ahnung, wie es heute ist, damals hatte man als junger Mensch die Wahl zwischen den Kneipen Destille und Alte Post, es gab zwei Kinos, die meist fürchterliche Filme zeigten, das Filmeck und das Holsten, man traf sich privat, an der Parkbank. Ein Haus der Jugend mit Sozialarbeitergeruch gab es, das Lichtwarckhaus. Und das Easy, ein Club mit Lifebands und Bar, vielleicht der interessanteste Ort des Ortes, ansonsten konnte man in die Stadt oder eine Station mit der Bahn ins benachbarte Reinbek ins Jugendzentrum fahren. Aber das ist eigentlich ja schon Schleswig-Holstein, zählt das? Am Wochenende machte vielleicht jemand eine Party im Keller seiner Eltern, man hing in der WG älterer Bekannter ab und zu guter letzt fuhr man allwöchentlich den weiten Weg in die Vierlanden, sofern man nicht nach Wentorf in die Soldatendiscos bei den Kasernen wollte, da war es gefährlich, wegen der Soldaten. Kurz vor der Elbe und nur mit dem Auto einigermaßen zeitnah zu erreichen befindet sich der Treffpunkt Garbers, ein biederer Landgasthof mit ausgebauter Scheune, in der man tanzen kann. Vorn am Tresen saßen die Ureinwohner und tranken Bier und wunderten sich über die Touristen aus der Vorstadt. Sehr ländlich. Nicht selten kam es zu Konflikten. The Police, Donny Hathaways The Ghetto, die Stones, nichts Besonderes. Aber wir waren jung und hatten noch so viel vor. Das ist jetzt dreißig Jahre her und ein Blick auf den einfachen Internetauftritt der immer noch existierenden Gaststätte lässt vermuten, dass sich hier die Welt bedeutend langsamer dreht als andernorts.