Kult

Jahrelang bin ich um diese Kneipe herumgeschlichen, habe mal von links geguckt und mal von rechts… sah immer interessant aus.
Ich hatte mehr als genug Zeit zum Beobachten, denn das «Kult» liegt ja direkt am Barmbeker Bahnhof, in der Einflugschneise der Busse quasi und da ich fast täglich mit dem Bus oder zu Fuß dort unterwegs bin, habe ich einige Eindrücke sammeln können.
Interessant, wie gesagt. Sowohl der Laden von außen als auch der Blick durch die Fenster nach innen. Und vor allem das ein-​und-​ausgehende Volk. Da sind noch echte Barmbeker Originale dabei, die vermutlich seit den Neunzigern nichts anderes tun, als immer wieder von zuhaus ins «Kult» und Stunden später zurück vom «Kult» nach Haus zu laufen, den Rückweg dann in Schlangenlinien.
Mein Stadtteil ist ja relativ bekannt für seine Eck-​, Bier– oder Absturzkneipen.
Vor wenigen Stunden war ich nun trotz einer gewissen Skepsis, dafür aber mit ganz toller Begleitung auch endlich mal drin im «Kult» und behaupte, dass die Kneipe in der Barmbeker Kneipenszene vermutlich noch eine Ausnahmestellung einnimmt. Denn sie vereint «Eck», «Bier» und «Absturz» an einem Ort. Wobei der Fokus wohl auf «Absturz» liegt.
Man öffnet die Tür und BÄMM — man läuft vor eine Wand. Aus kaltem Zigarettenrauch. Das ist echt abgefahren. Der Sauerstoff ist mal einfach weg. Und denn stehste da und kiekst. Ich hab mal Ähnliches erlebt, als ich im Sommer in New Orleans aus dem klimatisierten Hotelzimmer ins Freie getreten bin. Kaum Luftfeuchtigkeit — einen Schritt später 90 Prozent Luftfeuchtigkeit. Das haut einen um!
Ähnlich ist es im «Kult». Zuerst kann man wunderbar atmen — einen Schritt später rein in den Laden dann kaum noch.
Vielleicht bin ich als Ex-​Raucher da etwas überempfindlich, das kann sein. Gestört hat’s mich auch nicht wirklich. Aber ich fand’s erwähnenswert, denn andere mag es stören. Ohne nach Qualm riechenden Klamotten kommt man hier keinesfalls raus. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Drinnen im «Kult» hat’s mir eigentlich ziemlich gut gefallen. Recht duster, recht vollgestellt, eine bunte Lichterkette (mit sowas kann man mich ja kriegen…), ein gemütlich aussehendes Sofa, dass leider schon besetzt war… oder zum Glück schon besetzt war, denn allzu sauber ist das Ding wohl nicht, wie eine hier nicht genannte Anwesende durchblicken ließ, nachdem sie eine Runde Sauren und Astra spendiert hatte. Danke nochmals dafür!
Über Getränkepreise kann ich also rein gar nichts sagen, da ich keine gekauft habe. Aber wenn die Astraknolle hier mehr als 2,20 € kostet, würd’s mich sehr wundern. Der kurze Saure war gut — ich brauch ihn aber kein zweites Mal. Das Zeug ist einfach nicht mein Ding.
Musikalisch sind fünf Sterne gesichert, es gab während unserem recht kurzen Besuch Placebo, Ton Steine Scherben und anderes großartiges Zeug auf die Ohren. Großes Kino!
So skurril, wie der Laden mit seiner Plastikfolien-​Decke ist (was soll das?), so skurril ist auch sein Publikum. Auf dem Sofa fläzten checkermäßig aussehende Jugendliche herum, an mir vorbei rempelte sich eine adrett gekleidete Enddreißigerin, die mir ihren Strauß gebundener Rosen vor die Füße schmiss und generell gab es noch Volk, von dem man nicht wusste, ob es einer Irrenanstalt entkommen ist oder ob man grad den Zirkus in der Stadt hat.
Wahnsinn. Das «Kult» ist Wahnsinn. Und da ich den Wahnsinn mag, gibt’s von mir vier Sterne.
(Eigentlich wollt ich den letzten Teil reimen und dazu ein Zitat der Absoluten Beginner posten, aber ich konnt mich grad noch bremsen. Puuh!)

Der 100. Beitrag kann auch mal etwas besonderes sein. Und wirklich sehr besonders finde ich das Kult.
Die Eckkneipe in der Nähe zum Bahnhof Barmbek besticht vor allem durch die Plastikfoliendecke. Bei bisher jedem Besuch versuche ich zu ergründen, was sich wohl darunter verbergen mag.
Bisher war immer sehr angetan — von dem günstigen Bier, der guten Musik, dem Sauren.
Nicht so schön finde ich, dass man anhand der Kleidung am nächsten Tag erraten kann, in welcher Kaschemme man sich herum getrieben hat.
Aber darüber kann man mal hinweg sehen.

Versiffter Laden, dessen beste Zeiten seit mindestens 15 Jahren vorbei sind. Paar Schluckis als Stammgäste sind übrig geblieben, neue Gäste werden eher wie Störenfriede behandelt.

— Bester Sambuca in Barmbek!
— Der Name ist Programm!
— Du möchtest auf Toilette? Zieh dir Gummistiefel an!
— Musik ist auch cool!
— Fertig!

Das Kult gibts es schon länger als ich Barmbek kenne, und das sind mehr als 20 Jahre.
Die besseren Zeiten waren wohl auch damals schon ein paar Jährchen her.
Dass es den Laden immer noch gibt, verdankt er einer hartnäckigen Stammtrinkerschaft und seinen oft langen Öffnungszeiten.
Bis vor der Verlegung des Busbahnhofes lag der Laden auch direkt in der Einflugschneise der Nachtbusse, was immer mal wieder frische Nachtschwärmer in den Laden brachte.
Das Bier ist günstig und es gibt einen Kicker.
Die Musik bestimmt der Wirt und das ist ok, wie zuvor beschrieben meist punkiges und hartrockendes Zeugs.
Die Tresenfachkräfte selber sind zum überwiegenden Teil sehr nett und erstaunlich gelassen, über die berühmte Ausnahme bitte selber vor Ort informieren.
Je nach Stimmung, Erwartungshaltung und Gästemischung kann man hier einen netten Abend oder das Gegenteil davon erleben. Egal. Wer sich risikolos langweilen will, kann ja woanders hingehen.
Ich schätze den Laden mit seiner ganz eigenen Art wirklich, aber mehr als 3 Sterne sind leider nicht drin.

So, gestern das erste Mal im Kult in Barmbek beim S– und U-​Bahnhof gewesen, und ich muss sagen: urig!
Ja, es ist ein Raucherladen, ja, die Einrichtung hat schon erheblich bessere Zeiten erlebt, und was sich unter bzw. über der Plastikfolie unter der Decke befindet, will man nicht wissen.
Aber das Bier (Knolle Astra) war kalt, die Mucke fantastisch (Punk, Rock etc.) und das Publikum angenehm.
Man muss sich manchmal mit Hunden das Sofa teilen (wahrscheinlich der Grund, weshalb es so aussieht wie es aussieht), aber im Großen und Ganzen ein friedliches Plätzchen zum Klönen.
Geeignet für Fans des Lehmitz, Clochard etc.