Energieberg Georgswerder

200.000 Tonnen Giftmüll! In 10 Becken mit flüssigem Sondermüll und in Fasslagern. U. a. Schweröle und Dioxin. Außerdem weitere hunderttausende Tonnen Industrie– und Hausmüll. Und ganz unten der Trümmerschutt vom Bombenkrieg. Das alles befindet sich unter dem bzw. im Energieberg.
Ich hatte heute im Rahmen einer Führung durch den BUND (Bund für Umwelt– und Naturschutz Deutschland) die Gelegenheit, diesen «gebändigten Drachen» einmal näher kennen zu lernen. Fachkundig geleitet von einem ehemaligen Mitarbeiter der für die Sanierung der Deponie zuständigen Behörde.
Da ein Abtrag des Müllberges in den 80ern nicht möglich bzw. wohl zu teuer schien, wurde der gesamte Müll nach oben hin mit verschiedenen Schichten (Ton, Kies, PUHD-​Folie etc.) abgedichtet. Damit soll verhindert werden, dass das Regenwasser nach und nach die Gifte ins Grundwasser auswäscht (1983 hatte man im Sickerwasser am Füße der Deponie große Mengen Dioxin gemessen). Der «Regenschirm» soll für ca. 100 Jahre halten. Dann wird der Drache wohl wieder erwachen.
Obenauf wurde «renaturiert», Windräder und Photovoltaikanlagen gebaut und im Zuge der IBA große Bereiche der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Und das ist m. E. ziemlich gut gelungen. Im Infohaus wird zwar ein — für meinen Geschmack — etwas zu melodramatischer Film gezeigt, aber der dauert nur 13 Minuten und deswegen war ich ja auch nicht hier.
Um auf den Berg zu gelangen muss man ca. 40 Höhenmeter bzw. ca. 160 Stufen hochsteigen. Für den phantastischen Ausblick auf HH aber lohnt diese kleine Mühe. Auf dem «Berg» gibt es einen schätzungsweise 700 – 800 Meter langen Rundweg, den sog. Horizontweg (mein iPhone schlägt mir ‘Horizontalgewerblerin’ vor!!!). Von diesem sehr anständigen (!) Weg ist Hamburg in jede Richtung zu sehen mit erstaunlichen und grandiosen Ein– und Ausblicken. An zwei besonders schönen Aussichtspunkten gibt es auch Bänke, die zum Verweilen und Genießen einladen.
Bringt auf jeden Fall Euren Fotoapparat, ein Fernglas sowie etwas Verpflegung mit.
Mittlerweile hat sich auf den renaturierten Flächen eine große Artenvielfalt eingefunden und mit Glück kann man Rehe, Füchse, Greifvögel und Dachse sehen. Sogar Hermeline sind schon gesichtet worden.
Heute war es bewölkt. Ich komme bei gutem Wetter auf jeden Fall wieder.

Kann mich noch erinnern, wie ich als Kind immer mit meinen Eltern in die Hamburger City fahren musste. Da sah man von der Autobahn kurz vor den Norder-​Elbbrücken zur Rechten nur rauchende Schornsteine und zur Linken den gigantischen Müllberg mit den vielen Möwen. Heute sieht es zumindest auf dem ehemaligen Müllberg wieder sehr grün aus.
GESCHICHTE
Nach dem 2. Weltkrieg wurden hier zunächst die Trümmer der zerstörten Häuser gelagert, einige Jahre später landete dann auch der Hausmüll hier. Ab 1967 wurden hier diverse Giftstoffe (unter anderem Dioxin) gelagert.
Anfang der 80er stellte sich dann heraus, dass nahezu der gesamte Boden Dioxin-​verseucht war, die Gifte sogar ins Grundwasser sickerten.
Die Sanierungs– und Sicherungsmaßnahmen dauerten dann über 20 Jahre an und kosteten fast 100 Millionen Euro.
Heute ist der Müllberg also der Energieberg, auf dem man tagsüber rumwandern darf. Ein Ausflug hierhin lohnt sich allein schon wegen der grandiosen Aussicht auf Wilhelmsburg, das Aurubis-​Werk und die Skyline der Stadt Hamburg.
Vom S-​Bahnhof VEDDEL (Ballinstadt) sind es rund 20 Minuten Fußweg. Die Buslinie 154 hält etwas dichter am Energieberg.
DER BERG IM FILM
In der Tatort-​Episode «Gift» von1974 sieht man übrigens Walter Richter alias Kommissar Trimmel auf dem Müllberg rumkraxeln.

Der Energieberg Georgswerder bat zur «Langen Nacht der Museen» eine spezielle Führung über den Horizontweg an. Zunächst gab es einen kleinen Film zur Nachhaltigkeit, wovon ich leider nur die letzten 5 Minuten gesehen habe, da der Bus Verspätung hatte. Der Museumsguide begrüßte uns nach dem Film und erklärte uns alles zur Entstehungsgeschichte des Energiebergs. Von einer Mülldeponie, die stiefmüttlerich vom Senat behandelt wurde, denn den Anwohner wurde jahrzehntelang versprochen das Ding zu begrünen. Was dann auch irgendwann gemacht wurde. Nur leider war es ein Schuß in den Ofen, denn es stieg Dioxin auf und vergiftete die Grünfläche. Durch die IBA floss endlich soviel Geld, dass das gifte Gas über eine Drainage in das gegenüberliegende Aurubis-​Werk gepumpt wird. Windkraftanlagen und Photovoltaik-​Anlagen wurden installiert und der Berg neubegrünt. Nun siedeln sich dort einige seltene Tierarten an. Damit war eigentlich schon alles gesagt zu dem Thema und wir gingen los. Den Horizontweg kann man auch tagsüber ohne Guide betreten, nur nachts darf man nicht auf das Gelände.
Der Weg ist beleuchtet und so sagt man, eine riesige Steurverschwendung. Nichtsdestotrotz hat man einen perfekten Blick über den Süden Hamburgs. Vom Guide haben wir uns irgendwann abgekapselt, da er immer das Gleiche sagte und kein guter Redner war. Ganz ok, jedoch ist das Informationszentrum nicht sehr informativ, sondern eher eine Selbstverherrlichung der Arbeit der Stadtreinigung.