Blumenmanufaktur Rommel o.H.G

Ich beziehe mich in dieser Bewertung nur auf den Laden an der Martinistraße und nicht auf den in Eppendorf.
Ich hatte ein spontanes Problem. Mir fiel auf, dass ich auf dem Geburtstag einer lieben Freundin eingeladen war. Die war auch gerade eben umgezogen und ich dachte mir, dass ich ihr eine nette Zusammenstellung an Blumen mitbringe. Mit diesem Problem ging ich zur Blumenmanufaktur Rommel und blieb leider enttäuscht zurück. Die Dame hatte wenig Interesse, mir bei meinem Problem zu helfen. Auf die Frage, welche Sträuße oder Blumen denn gerade «in» seien, erwiderte sie schlechtgelaunt, dass ich das doch selber wissen müsse. Ich kenne das so, dass Laien in Blumengeschäften gern zu saisonalen Highlights beraten werden. Ende des Liedes war jedenfalls, dass ich einen recht lieblosen (und teuren) Strauß mitnahm, der zwar gut aussah, aber sich durch nichts Besonderes auszeichnete. Es war mein erster und letzter Besuch in der Blumenmanufaktur Rommel.

Blumen für einen Menschen auszuwählen ist wie die Beziehung zu ihm oder ihr in bunte Materie zu transformieren, zumindest wenn der zu Beschenkende einem emotional nah steht und man selbst das Blumenschenken in dieser Weise empfindet.
Und so ist die Blumenverkäuferin nicht eine simple Händlerin, die schnödes Grünzeug schnürt und über den kahlen Tresen schiebt, sondern sie soll vielmehr Verbündete und Beratende bei einem Akt der liebevollen Materialisierung von Gefühlen sein. Sie soll Wege öffnen, Blüten so darreichen, daß meinem Auge klar wird, daß meine Seele genau diese Margerite mit dieser Rose zusammen in den Händen der geliebten Person betten will. Sie soll spüren, daß ich heute einfach nach einem spontanen Impuls entscheide, daß meinem besten Freunde eine kraftvolle Amaryllis Aufmunterung verschaffen wird. Sie soll mich bestätigen, wenn ich mir Zeit nehme und eine sorgsame Kombination entsprechend der seelischen Verwinkelungen einer Zielperson komponiere. Und sie soll nicht laut, keifend, störend und unbeholfen sein — wie man es leider so oft erlebt, wenn so ein Trampel die heilige Atmosphäre der Komposition durch ein polterndes «Das wird gern genommen» stört oder noch schlimmer, mit immanenter Aggression lauthals davon dröhnt, daß Männer ja keinen Sinn und Geschmack für Farben hätten (uneingeschränkte Todesstrafe in meiner fiktiven privaten Diktatur für derartige Pauschalurteile)…
Vom Prinzip zur Realität!
Bei Rommel fand ich Frieden. Vor mir lamentierte ein desolates Duo aus zwei Definitivzicken lauthals über Preise und Beschaffenheit der Blüten, die die reizende Verkäuferin gerade zusammenband. Als die beiden Xanthippen dann auch noch wehklagten, man würde ja gar nicht mehr gefragt, ob und wie man die Blumen denn gebunden haben wollte, erwartete ich eigentlich, daß die Dame hinter dem Tisch beginnen würde, zumindest nervös mit den Gesichtsmuskeln zu zucken — ich hätte diesen Sirenen wahrscheinlich eine rostige Rosenschere quer in ihre malignen Mäuler gestopft. Nichts dergleichen geschah — unsere Heldin entband die Blumen, reichte sie lächelnd über den Tresen und kassierte trotz fortgesetzter schmutziger Beschimpfungen ihr Geld, bevor sie sich an mich wandte.
Ich nahm den Einfluß von Tranquillizern an, erfuhr aber auf Befragen, daß die junge Dame mit sich, der Welt und ihrem Beruf so sehr zufrieden ist, daß kein Miesemacher der Welt ihr die Laune verderben kann. Wie schön! Wie überaus selten, daß jemand seinen Beruf liebt und acuh npoch am richtigen Arbeitsplatz gelandet ist!
Ich wagte mich dann ein wenig weiter vor und formulierte mein Begehren nach einem «kunstvollen Strauß» — und traf auf Verständnis und Freude, daß endlich mal jemand etwas kreatives wolle. Gemeinsam ersannen wir mit viel Freude eine gewagte Kombination aus nur drei verschiedenen großen Blüten, die in einer absteigenden Helix im Wechsel mit Blättern und skurrilen Hölzern gebunden werden sollten — und sie machte sich mit höchster Begeisterung ans Werk und vollendete es schnell und mit großer Perfektion — so daß es genau dem Anlaß des Tages und dem Menschen, der es erhielt entsprechen konnte.
Was könnte man mehr verlangen?
Günstig war es zu allem Überfluß auch noch.