Gedenkort Aktion T4 Euthanasie im 3. Reich

Nicht viele kennen die «Aktion T4», ein Begriff den es erst seit 1945 gibt.
T4 ist erst mal eine Abkürzung für eine Adresse: Tiergartenstraße 4, Berlin. Dort saß ab 1940 in einer arisierten Villa die Zentraldienststelle T4. Und diese war verantwortlich für eines der grausamsten Verbrechen, die je verübt wurden — die Ermordung von Menschen, die an geistigen und körperlichen unheilbaren Erkrankungen litten. Damals wurde der euphemistische griechische Ausdruck «Euthanasie» verwendet: — ein schöner Tod. Welch eine Schönfärberei.
Was war die Zentraldienststelle T4 jetzt genau? Wie ist sie entstanden? Und warum hat das zentrale Morden 1941 plötzlich aufgehört?
1939 gab es ein Gespräch Hitlers mit dem Reichsgesundheitsführer Leonardo Conti, dem Chef der Reichskanzlei Hans Heinrich Lammers und Martin Bormann als Leiter des Stabes des Stellvertreters des Führers. Thema des Gespräches war die Erweiterung des «Vernichtung von lebensunwertem Leben» durch die Einbeziehung geistig und körperlich Behinderter.
Beauftragt mit der Durchführung des Massenmordes wurde der Leiter der «Kanzlei des Führers», der auch schon für die Kindereuthanasie verantwortlich war.
Offizieller Start der «Eu-​Aktion», wie das organisierte Töten damals hieß, war der 1.9.1939.
Mit eigens gegründeten Tarnorganisationen wurde die Patienten in insgesamt 6 Tötungsanstalten gebracht und dort «entsorgt».
Offizell beendet wurde die Aktion im Jahr 1941 nach massiven Protesten, besonders aus kirchlichen Kreisen. Hervorzuheben ist die Predigt vom 3. August 1941 des Münsteraner Bischofs von Galen, dem die gehäuften Meldungen über Todesfälle in Pflegeanstalten aufgefallen ist und dies öffentlich gemacht hat. Daraufhin wurde das zentrale Töten eingestellt und danach nicht mehr so öffentlich dezentral durchgeführt. Das «freiwerdende Personal» wurde für dann für Tötungen in den Konzentrationslagern eingesetzt.
Ein Gedenkort für diese Grausamkeiten wurde erst spät erschaffen. Erst in den 1980er Jahren gab es Bürgergruppen, die an die Taten erinnerten. 1988 widmete dann die Stadt Berlin eine Skulpur («Berlin Junction») in ein Mahnmal für die Euthanasie-​Morde um.
2012 wurde dann endlich ein würdiges Mahnmal errichtet. Dieses besteht aus einer blauen Glasfläche, der eine lange Medientheke gegenübersteht. Dort findet man neben Bildern und Geschichten der Opfer auch den Tatablauf erklärt.
Dieses Verbrechen hat nun einen würdigen Gedenkort an historischer Stätte — Leider viel zu spät erschaffen!

Geschichte am historischen Ort, Gedenken an eigentlich Unvorstellbares. Das gibt es in Berlin zuhauf. Und man könnte vermutlich mehr als ein dickes Buch darüber schreiben.
Und das Gedenken wird erweitert. Mehr als ein Ort ist die letzten Jahre hinzugekommen oder ergänzt, erweitert, aktualisiert worden.
Zu den übelsten Schattenseiten deutscher Geschichte gehört die euphemistisch «Euthanasie» (schönes Sterben) gebannte geplante Vernichtung von Schwachen, Kranken, Behinderten. Ein Feld der NS-​Politik, das lange weniger beachtet wurde, an das weniger gedacht wurde. Zufall? Nein, schließlich waren viele Beteiligte auch noch nach dem Niedergang des NS-​Unrechtsstaats aktiv. Und Vernichtungseinrichtungen waren weiter, wieder in Betrieb. Zwar nicht zur Vernichtung, aber zur Verwahrung.
Das Gedenken an die Opfer der Aktion T 4, wie sie vereinfacht nach dem Ort der Planung und Organisation in der Tiergartenstraße 4 genannt wurde, war ein langer Prozess.
Skulptur und Gedenkplatte im Boden gibt es schon länger, aber nicht lange genug. Jetzt ist eine erhebliche Ergänzung mit Texten und Dokumenten hinzugekommen. Die Texte schockieren. Nüchtern, sachlich, auch mit einer Kurzfassung in leichter Sprache. Exemplarische Schicksale (bei einem staatlich organisierten Massenmord tue ich mir mit dem Begriff Einzelschicksale absolut schwer) erschüttern.
Auch wenn dieser Erinnerungsort, wenngleich recht zentral, unweit des Potsdamer Platzes liegt, mag er doch etwas abseits liegen. Dennoch ist er nicht nur inhaltlich, sondern auch örtlich absolut richtig.

Gedenkort Aktion T4 — Tiergartenstraße 4 — Euthanasie im 3. Reich
Den vollen Namen dieses Ortes nimmt Unilocal leider nicht an: Gedenk– und Informationsort für die Opfer der nationalsozialistischen «Euthanasie”-Morde
Berlin — Tiergarten — Botschaftsviertel. Wenige Gehminuten vom Regierungsviertel oder vom Potsdamer Platz entfernt. Der Gedenkort wurde modernisiert und ergänzt.
Geschichtlich, historisch, moralisch — viel zu spät! Die Opfer waren klein, schwach, wehrlos, krank, hilfsbedürftig…es waren die Behinderten dieses Landes Deutschlands, die unter der menschenverachtenden Diktatur des 3. Reiches gelitten haben.
An diese Mitmenschen wird hier erinnert.
Erst in den 80er Jahren wurde begonnen, sich dieser Thematik zu widmen und einen Mahn– und Gedenkort zu erschaffen.
Es folgte die Umwidmung des in der Tiergartenstraße 4 vorhandenen Kunstwerkes «Schlauch» und die Einlassung einer Gedenktafel im Boden. Es folgten Infotafeln, graue Busse und einiges andere. Erst jetzt, im Jahre 2014, erfolgt eine große und für jeden Wahrnehmbare Gedenkstätte.
Sie ist neu und informiert gut über die Täter, Menschen und den Ort. Es wurde eine langgezogene blaue Scheibe als Aufwertung gewählt. Beides ist ca. 30 Meter lang.
Die Tiergartenstraße 4 ist der Ort der Planung der Euthanasie im 3. Reich. Kein anderer Ort wäre besser gewählt…
Fotos folgen in Kürze…