Stieren sagt man ja gerne nach, dass sie Genussmenschen sind. Ich genieße sicherlich nicht nur Bahnhöfe und Bahnhofsbuchhandlungen, sondern auch Museen. Der Gourmet vor dem Herrn, der ständig exquisit mehrgängig schlemmt, bin ich bislang nicht. Dennoch habe ich auch, was leibliche Genüsse anbelangt, meine Schwächen. Ich bin und bleibe bekennender Süßschnabel. Und so traf es sich gut, dass ich kürzlich feststellte, dass meine Vorräte an guter Schokolade von Berlin-Reisen praktisch aufgebraucht waren(das letzte Mal hatte ich zwar wohl so viel Schokolade wie noch nie in Berlin gekauft– aber der Großteil davon waren Mitbringsel, schließlich ging es ja auch auf Weihnachten zu), zugleich aber auch bei einem Gang durch mein Froschkönigreich(an das Schreiten des einzig wahren Königs von Augsburg komme ich nicht heran, zudem bildet sich für mich auch nicht auf dem Glühmarkt eine Gasse, wenn ich dort durchgehe) im Augenwinkel einen neuen Schokoladenladen wahrnahm. Denn es tut sich was in Augsburg. Dort, wo einst(und vermutlich über Ewigkeiten) Spielwaren Hartmann war, sind neue Geschäfte. Vom Rathausplatz aus kommt man in einen BoConcept-Laden. Und von der Annastraße aus in einen Schokoladenladen, nämlich Hallingers Schokoladen Manufaktur. Vermutlich war mir mein latentes Schielen mal wieder hilfreich– denn der Eingang ist doch eher unscheinbar. Aber ich habe wohl das richtige Näschen und die richtig schielenden Äuglein. Okay, den Laden musste ich mal checken, was ich jetzt getan habe. Hallingers Schokoladen Manufaktur ist eine Schokoladenmanufaktur mit Hauptsitz in Landsberg, die auch erlesenen Kaffee und Tee vertreibt. Soweit erkennbar, ist wohl alles aus eigener Herstellung. Und macht man sich im Netz mal schlau, entdeckt man, dass die Eheleute Hallinger eigentlich beruflich etwas anderes machen und neben dem«normalen» Job einem Traum nachgehen wollten. Sowas ist natürlich immer eine tolle Geschichte. Und es macht neugierig. Die feilgebotenen Waren betreffen die Kategorien Tafelschokoladen, Pralinen, Kaffee und Tee. Sicherlich nicht die breiteste Auswahl dieser Welt– aber bei einer Manufaktur würde mich das auch eher stören. Testweise zugeschlagen habe ich bei ein bisschen Pralinen und etwas Tafelschokolade(5,90EUR für die 90-Gramm-Tafel) — und Art, Qualität und Geschmack haben mich überzeugt. Insbesondere ist die Sorte mit Nougat mir fast auf der Zunge geschmolzen, so gut war sie. Allerdings bedarf es schon ein wenig Sportlichkeit, um die Tafeln zu befreien. Denn die Verpackungen sind nicht nur ansprechend, sondern auch robust und stabil. Dies weiß man um so mehr zu schätzen, wenn man schon öfters gute und edle Schokoladen irgendwie in seinem recht umfangreichen Gepäck verstauen musste und dabei Gefahr lief, dass möglicherweise etwas Schokoladenbruch beim Auspacken zum Vorschein kommt. Weniger überzeugt hat mich dafür der Laden als solcher mit dem Ambiente. Er ist mir etwas arg steril. Richtiges Stöberambiente kommt hier nicht auf– vielleicht bin ich da auch durch andere geile Schokoladenläden, die ich aus München(1001 Sense) und Berlin(Süßkramdealer, Atelier Cacao) kenne, zu verwöhnt. Offensichtlich besteht ein Stück weit eine Kooperation, wohl eher schon eine Symbiose, mit dem BoConcept-Store, denn an den Tischen auf denen Waren stehen, sind Schilder von BoConcept. Und die Musik, die ertönt, mag zwar für Möbel okay sein– bei der Schokolade fand ich sie jedoch eher störend. Eigentlich schade, dass die Atmosphäre für mich eher verschreckend und steril war– das kostet die Bestbewertung. Und nur die Qualität lässt mich am Ende doch vier Sterne vergeben. Die sind rechnerisch aber auch okay– denn fünf Sterne für die Schokoladen und zwei für die Atmosphäre machen im Schnitt 3,5. Die Atmosphäre selbst wird es nicht sein, die mich öfter hierhin führen wird– die Qualität wird dies eher schaffen, wenn ich in der Nähe bin.