«Casa Rectoral de Lestedo» ist ein wahres Highlight für den geplagten Pilger auf dem Jakobsweg. Müde nach einem Wandertag von Pa… kommend, wirkt dieses typisch galizische Steinhaus hinter einer halbhohen Mauer sofort einladend. Nicht nur das Mauerwerk aus unregelmäßigen Lehmziegeln ist urig, sondern verlockend zudem der riesige Garten, in dem sogar einzelne Liegen zum Verweilen einladen. Ich läute an der Tür und ein freundlicher Pensionsvater macht mir auf. Aus der Anzahl bereits angelieferter Pilgergepäckstücke greift er meinen Rucksack und trägt ihn mir auf’s Zimmer. Ob ich vielleicht etwas Trinken möchte… Meine Tagesetappe ist rum und vor dem Hintergrund, dass ich nun«frei» habe, liebäugle ich mit den Liegen im Garten und bestelle zur Tagesbelohnung eine Karaffe Rose des Hauses — wird umgehend geliefert. Mein Zimmer ist ein Träumchen: es liegt im ersten Stock mit einem romantischen Blick über die weiten Täler und Felder des Hinterlandes. Das Ganze zu genießen von einem winzigen, aber meinem eigenen Balkon. Que bonito! Ich werde anderntags die aufsteigenden Morgennebel auf den Chip bannen. Das urige Steinmauerwerk setzt sich in meinem Zimmer fort und sorgt für ländliche Gemütlichkeit. Ich habe ein kleines Doppelbett und kann mich ausbreiten. Übrigens auch in dem geräumigen Zimmer. Zum Verstauen meiner Habseligkeiten gibt es einen Schrank, zudem Tisch und Sessel, damit man sich nicht immer gleich auf’s Bett flezen muss. Minibar und Telefon: Fehlanzeige, wird aber alles fürsorglich vom«Herbergsvater» bereit gestellt. Und was will der Pilgerschon mit einem Telefon? Sehr speziell das Bad: ein Vollbad zu nehmen, würde wahrscheinlich den Brunnenvorrat gänzlich aufzehren, so groß ist dieser Pool von Badewanne; nett übrigens die Vasendekoration auf der Brüstung. Auf dem Weg in die Gartensonne inspiziere ich die«Gesellschaftsräume» — einen gemütlichen Raum mit riesiger kuscheliger Sofa-Garnitur, Kunst an den Wänden und einem kleinen Kamin. Der Blick durch den lichten Raum überbrückt das«Eßzimmer» und endet in der weiten Landschaft hinter dem Haus. Der eine oder andere Vorbeikommende hinterlässt als«milde Gabe»(oder Gepäckerleichterung!) seine Urlaubslektüre und so könnte man hier wahlweise in Büchern oder Prospekten der Umgebung schmökern. Das Casa bietet den Pilgern auf Wunsch Halbpension. Beim Eintreffen werden wir gefragt, ob wir abends mitessen oder ins Restaurant ins Dorf gehen. Ja, sind wir denn dumm? Natürlich finden wir uns abends geschlossen im Essraum ein, einem hellen Wintergarten mit Blick in die Landschaft. Davor übrigens eine große Holzterrasse und ein riesiger Rasen, der einen fast animiert, Purzelbäume zu schlagen. Ist ja ein Pilgerhaus und daher wird keine große Karte zum Abendessen gereicht, aber eine deftige galizische Hausmannskost rundet den Aufenthalt in diesem Schmuckstück auf’s Schönste ab. Am Ende lädt der Patrone zu einem Kräuterschnaps auf’s Haus ein und unsere internationale Runde wünscht sich unisono, hier mindestens einen Tag länger verweilen zu dürfen. Jeder, der die letzten 120 Kilometer gen Santiago de Compostela pilgert, sollte versuchen, diese charmante Herberge unterwegs ansteuern zu können. Sicherlich nicht rund um’s Jahr geöffnet und leider nur eine kleine Präsenz im Internet.