Würstelstand Heisse am Gürtel

Wien und seine Wüstlstände, das ist ein Thema für sich. Eine derartige Auswahl an Ständen, die bis in die frühen Morgenstunden geöffnet sind, findet man in kaum einer anderen Stadt. Richtig interessant wird es vor allem in der Nacht, wenn sich an den Wüstlständen ein buntes Publikum bestehend aus Nachtschwärmern und den unvermeidlichen Dauergästen einfindet.
Der Stand Heiße am Gürtel zieht aufgrund seiner Nähe zu den Stadtbahnbögen viele Nachtschwärmer an, die sich nachträglich — einen zumeist fettigen — Ausgleich zum übermäßigen Alkoholkonsum verschaffen wollen. Ein Alleinstellungsmerkmal dieses Standes ist das Angebot von Schinken-​Käse Toast und Camembert-​Baguette. Kein alltägliches Angebot an einem Würstlstand. Natürlich werden in der Regel Eitrige, Bosna oder Currywurst sowie diverse Biere konsumiert. Die Qualität der Wurstwaren ist gut, die Currywurst gehört sicher zu den besseren der Stadt.
Alles in allem der perfekte Ort nach einem durchzechten Abend.
Leider wird das Umfeld seit geraumer Zeit von Drogendealern dominiert. Mitunter ist es interessant, den Wettstreit zwischen Polizei und Dealern zu beobachten. Für die zweifelhafte Umgebung kann natürlich der Standbetreiber nichts. Und ungeachtet dieses Umstands bleibt der Würstlverzehr und Bierkonsum auch ungestört.

Als «echter Wiener» wird es für mich auch endlich einmal Zeit einen Würstelstandbericht zu schreiben. Nicht nur die Wiener Beisln, sondern auch die Wurstwarenhütten sind in den letzten Jahren ziemlich dezimiert worden…
Würsteln egal jetzt welcher Art schmecken am Besten nach einer durchzechten Nacht. Gesund sind sie ja nicht besonders, der Fettgehalt eines Paares deckt ja meist den Fettbedarf des Körpers für eine Woche. Oft saß ich im Rhiz in-​oder outdoor bei Bier und Wein, las ein Buch (z.B:“Haus, Frauen, Sex” von Margit Schreiner oder Bücher von Chuck Palahniuk, Irvine Welsh, Kinky Friedman u.s.w.), lauschte der genialen Musik von sehr ambionierten Djs und kam mit Mitmenschen beiderlei Geschlechts ins Gespräch. Es waren elektrische, magische und belebende Nächte, ich lernte intelligente und kreative Menschen kennen, fast jedes Gespräch, nahezu jede Begegnung war eine Bereicherung. Stundenlang wurde über Musik, Literatur, bildende Kunst, Politik, Beziehungen und über die Freuden und Leiden des Singledaseins philosophiert. Da die Gespräche meist sehr leidenschaftlich geführt wurden und zwischendurch auch getanzt wurde, war der Energieverbrauch solcher Nächte und frühen Morgenstunden sehr hoch und spätestens um 4 Uhr war ein quälendes Hungergefühl zu spüren. Gleich einem hirntoten Zombi wankte und taumelte man zur nächsten Nahrungsquelle. Dutzende, hunderte Zombis irrten um diese Zeit herum, alle wollten sie nur frisches Fleisch und hatten sie es endlich gefunden wurden die gegrillten und gekochten Nahrungsmittel in die gierigen, gefräßigen Schlünder geschoben. Die Gespräche waren jetzt oft nur noch von gutturaler Art…
Also hier in diesem Kleinen Holzglaskasten gibt es meiner Meinung nach die besten Bosna (Bosner) in Wien. Diese gibt es als kleine und als große Portion, ich persönlich war aber noch nie in Versuchung gekommen die kleine Portion zu wählen. Als Nachspeise habe ich dann meistens die Auer Tortenecken genommen. Friedlich fährt man dann nach Hause und verschläft (wieder einmal) die Sonntagsmesse…

Würstler. done right. nuff said

Ein bisschen versteckt hinter dem großen Gebilde des «kleinen Sacher». Doch weil eben der «kleine Sacher» sämtliche Partykundschaft des Gürtels aufschnappt, kann der Würstler «Heisse am Gürtel» durchaus von Stammkundschaft sprechen. In einer kleinen und äußerst sympathischen Holzhütte, verköstigt dieser seit Jahrzehnten die Bevölkerung mit gegrillten Käsekrainer, Hot-​Dogs, Bosnas, Waldviertler, Frankfurter und vielem mehr. Getränke sind zumeist gekühlt.
Das erstaunliche an diesem Würstler ist seine Ausdauer. Denn 9 Uhr morgens schon aufgesperrt, legt sich dieser erst schlafen, wenn andere schon wieder arbeiten gehen. Der «Heisse am Gürtel» hat mir schon zu vielen witzigen Gesprächen jenseits der Promillegrenze in den frühen Morgenstunden verholfen. Im Sommer werden sogar eigene Bänke zum Verweilen aufgestellt, obwohl diese dann zumeist als Schlafunterlage für diverse «Zuvieltrinker» dienen. Mit seinem charmanten Holzhüttchen, hat der «Heisse am Gürtel» jeden Nostalgiepunkt in meinem persönlichen Ranking ergattert.

Wenn Bitzinger’s Würstelstand an der Albertina für Einsteiger ist, kann man Heiße am Gürtel als den Würstelstand für Fortgeschrittene bezeichnen: Denn hier kriegt man vor allem nachts die richtige ungeschönte Würstelstand-​Atmosphäre, die genauso zur Wiener Lebensart gehört wie Kaffeehäuser oder Heurigen. Direkt bei der U-​Bahn-​Station Thaliastraße am Gürtel umgeben von einigen Rotlichtetablissements befindet sich Heisse am Gürtel. Ein Mekka für Nachtschwärmer, Obdachlose und ausgehungerte Clubbesucher. Hier trifft man bei Käsekrainer («Oitrige») und Ottakringer («Sechzehner Blech») auf so einige merkwürdige Gestalten und kommt auch sehr schnell mal ins Gespräch. Vor den Würstelstandverkäufern habe ich auf jeden Fall höchsten Respekt, denn in so einer Schicht muss der mal abgesehen von seinen eigentlichen Aufgaben auch noch Psychater spielen, den Weg zur nächsten Nightline oder dem gesuchten Club erklären und noch vieles mehr.