Manchmal gehe ich durch Gassen, durch die ich schon hundert Mal davor durchgeeilt bin, ohne je etwas bemerkt zu haben. Dann, eines Tages sieht man nach oben und ist über die soeben gemachte Entdeckung ebenso erfreut, wie auch entäuscht, dass man die erst jetzt bemerkt. So ging es mir, als ich stets von der goldenen Kuppel der Secession geblendet wurde. Einmal hab ich dann links daran vorbeigesehen und war schwer beeindruckt. Das Haus daneben sieht auf den ersten Blick aus wie ein gewöhnlicher Wiener Stilaltbau, der halt ein wenig aufwendiger ist. Von Weitem erkennt man aber, dass das Haus quasi frei steht und riesengroß ist. Überall an der Fassade sind Balkone und kleine Details, bei denen man gar nicht weiss, wo man zuerst hinsehen soll. Ganz oben wirds dann besonders spektakulär– der Dachboden ist auf drei(oder mehr) Ebenen ausgebaut, mit Türmchen und Fenstern. Jedes Mal wenn ich es sehe, wüsste ich gerne, wie toll die Wohnungen erst drinnen aussehen müssen. Das sieht echt klasse aus, gross wie ein Schlachtschiff und detailreich wie ein Segelboot. Das Haus am Getreidemarkt ist für mich das schönste Haus Wiens und hinkt seiner goldenen Nachbarin optisch bestimmt nicht hinterher.