Franziskanerkirche

Die Franziskanerkirche hat gegenüber den meisten Kirchen schon einen großen Vorteil, nämlich den Franziskanerplatz. Kommt man vom überfüllten Stephansplatz die Weihburggasse entlang und erblickt diesen kleine, stimmungsvollen Platz und darauf die Franziskanerkirche, hat man sie sofort ins Herz geschlossen ohne sie genau betrachtet zu haben.
Die Kirche passt einfach perfekt ins Bild, füllt den Platz gebührend aus und gibt ihm einen Großteil seines Charmes. Was ist aber mit der Franziskanerkirche selbst? Ist es sehenswert einen Blick hineinzuwagen? Oder einen genaueren Blick auf die Kirche zu werfen?
Die Frage zu beantworten ist subjektiv, das ist klar. Daher im Voraus: ich bin ein großer Fan der romanischen und gotischen Kirchen. Mit Barock hab ich nicht so viel am Hut, obwohl man die Idee des Gesamtkunstwerks, die zusammenarbeitenden Bereiche der Kunst durchaus würdigen muss und soll, was ich auch mache.
Aber zurück zur Franziskanerkirche. Von außen zählt sie für mich zu den Highlights. Nicht wegen ihrer Kunstfertigkeit, Schönheit oder Mächtigkeit, aber gerade dieser kleine spitze Turm, der sich gegen den Himmel erhebt macht die Kirche aus. Dazu die hellen und starken Mauern mit den unterschiedlich geformten und unterschiedlich großen Fensteröffnungen, die den Turm noch kleiner erscheinen lassen.
Betritt man die Kirche, vorgewarnt schon durch die barocke Fassade, ist man fast erschlagen von dem vielen vergoldeten Einbauten, Wandmalereien und Kunstmarmor. Nicht viel mehr als in einer anderen barocken Kirche, vielleicht sogar weniger, aber durch den äußeren Eindruck ist man etwas überrumpelt und überrascht. Gewhönt sich das Auge hat die Kirche aber auch innen einiges zu bieten, wobei ich besonders die Luster an der Decke mag.
Die Antwort ist also ja. Für mich vor allem von außen, am besten sitzend am Franziskanerplatz. Für alle andere empfehle ich aber trotzdem einen kleinen Rundgang innen zu machen, um die Vielseitigkeit der Kirche kennen zu lernen und die Details genauer zu betrachten, was ich, muss ich gestehen, eher bis jetzt vernachlässigt habe.

Wie die Dominikaner hatten auch die Franziskaner ihr Ordenshaus im Zuge der Ersten Türkenbelagerung 1529 verloren. Doch wie der Zufall es wollte fand sich ein paar Jahrzehnte später am heutigen Franziskanerplatz ein aufgelassenes Kloster. Im 14. Jahrhundert errichtet, war es dem heiligen Hieronymus geweiht und diente lange Zeit als Umerziehungsheim für Prostituierte. Vielleicht, weil man die Sinnlosigkeit des hehren Unterfangens erkannte, vielleicht, weil man auf den Geschmack gekommen war, vielleicht aus einem ganz anderen Grund stand das Gebäude jedenfalls leer und alsbald den Franziskanern zur Verfügung. Und die gestalteten es um nach dem Geschmack der Zeit. Und das ist ein Glück. Denn so hat sich auch in Wien, unter Beibehaltung gotischer Elemente freilich, eine ansehnliche Kirchenfassade im Renaissancestil süddeutscher Prägung erhalten. Das Portal und große Teile der Innenausstattung wurden später barock erneuert. So findet sich auch hier eine schöné Arbeit des illusionistischen Pozzo. Der Triumphbogenaufbau des Hochaltars ist nur im vorderen Teil plastisch, im hinteren ist er das Ergebnis von Pinsel und Farbe. Ein weiteres Kuriosum am Altar die Axt in der Schulter der Gnadenmadonna. Ein Relikt der Bilderstürmer, sagt man.
Genug bildgestürmt. Wir schreiten zur Punktevergabe. Die Franziskanerkirche bekommt von uns dreizehneinviertel von zwanzig umerziehungsimmunen Punkten und sichert sich damit Platz 18 im Kampf um den Titel «Bedeutendste Kirche Wiens» und Platz 1 in der Spezialklasse «Schönster Sakralbau der Renaissance mit Dirnenvergangenheit in Wien». Wir gratulieren herzlich.
(Dieser Beitrag ist Teil der Serie «Wo finde ich die schönsten, bestaussehenden, kunsthistorisch bedeutendsten und überhaupt großartigsten Kirchen Wiens?». Nähere Infos und Hintergründe unter
).

Ein mystischer Ort
Die Franziskanerkirche in Wien hat einen wunderschönen Platz vor sich. Innen ist sie eine barocke Kirche mit viel Platz und einer schönen Ausstattung. Der Hauptaltar zeigt eine Madonna mit einer Axt im Körper. Diese Wahlfahrtsmadonna ließ während der Pestzeit in Wien Kaiserin Maria Theresia durch die Straßen tragen. Sie ist auch ein Beispiel für die Kämpfe der evangelischen und katholischen Kirche in Österreich während der Reformation. Ich habe den Verdacht, dass sie aus Oberösterreich von der Kirche in Attersee kommt, weil dort im Nebenraum eine Geschichte aufgemalt ist, die die Übergabe einer Madonna aus der Reformationszeit, die jede gewünschte Verbrennung und Zertsörung überstand, an das Franziskanerkloster Wien, zeigt. Die Madonna erinnert auch an den Wiener Ausdruck «A Hackl ins Kreuz «–eine Hacke in das Kreuz hauen– eine Beschreibung hinterhältiger Aktivitäten.
Deshalb lohnt das Beten vor der Madonna, insofern man solchen Sachen ausgesetzt ist.
Nebenbei ist die Kirche auch Wahlfahrtsort für den heiligen Pater Petrus Pavlicek, einem Pater der 1921 aus der Kirche austrat, als Maler in Paris und London lebte, 1932 heiratete er und in Brünn und Prag lebte. Nach einer schweren Krankheit 1935 wollte er Priester werden und trat in die katholische Kirche ein. 1941 wurde er zum Priester geweiht. 1942 wurde er wegen angeblicher Wehrdienstverweigerung verhaftet und vor ein Kriegsgericht gestellt. Er wurde freigesprochen, mußte als Sanitäter einrücken und gelangte 1944 in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Er wirkte als Lagerpfarrer, wurde 1945 entlassen und pilgerte 1946 als Dank nach Mariazell. 1947 gründete er den «Rosenkranz Sühnekreuzzug um den Frieden in der Welt». Ab September 1948 wurden jeden Monat in der Franziskanerkirche Andachten für den Frieden abgehalten. Ab 1949 gab er eine Zeitschrift heraus, die heute den Namen «Betendes Gottesvolk «hat. Von 1950 – 1955 organisierte er jährliche Maria Namen Prozessionen über die Ringstrasse. Die Unterzeichnung des Staatsvertrages am 15. Mai 1955 sah er als Erfolg seiner Gebetsbewegung an. Er wurde in der Franziskanerkirche begraben.
Was mich beeindruckt ist sein lächelndes Portrait, das in einer Seitenkapelle der Kirche von ihm aufgestellt ist und mir immer Mut macht, wenn irgendetwas schwierig ist.