Amtsgericht Waldshut-Tiengen

Klar, als es nach Waldshut-​Tiengen ging, war der Waldshuter Bahnhof zu checken. Doch mein eigentliches primäres Ziel war fußläufig zum Bahnhof gelegen — es galt, das Amtsgericht zu checken. Schließlich stand mal wieder der Erwerb eines neuen Städtepunktes an. Und praktischerweise führt das Arbeitsgericht Lörrach, bei dem ich mehrere Verfahren laufen hatte, zweimal im Monat– an jedem zweiten und vierten Dienstag im Monat– einen Gerichtstag im Gebäude des Amtsgerichts Waldshut-​Tiengen durch. Praktisch vor allem insofern, als die Anfahrt von meinem Froschkönigreich nach Waldshut doch etwas einfacher ist als die nach Lörrach.
Wie bereits erwähnt, das Amtsgerichtsgebäude liegt fußläufig zum Waldshuter Bahnhof — fußläufig zu Bahnhöfen gelegene Gerichtsgebäude finde ich auf meinen Touren durch die Republik immer praktisch.
Nähert man sich dem Gebäude, fällt gleich auf, dass es nicht nur älteren Datums ist, sondern eher nicht ursprünglich für Zwecke der Justiz errichtet wurde. Auf der Homepage des Gerichts lässt sich der optische Befund verifizieren– ursprünglich war das Gerichtsgebäude mal ein Kasernengebäude. Aber die Justiz ist hier schon seit gut 150 Jahren zuhause.
Und man kann sagen, was man will, ältere Gerichtsgebäude haben einfach in der Regel mehr Aura als heutige, oft doch eher funktional ausgerichtete Gerichtsgebäude.
In Baden-​Württemberg ist die Welt übrigens noch in Ordnung. Hier gibt es einerseits doch noch einige kleine und kleinste Amtsgerichte, so dass das Amtsgericht Waldshut-​Tiengen nicht das einzige Amtsgericht im Landkreis Waldshut-​Tiengen ist. Es nimmt allerdings auch Funktionen für andere Amtsgerichte im Bezirk des Landgerichts Waldshut-​Tiengen wahr: So ist es in Insolvenz– und Zwangsvollstreckungsangelegenheiten auch für die Amtsgerichtsbezirke St. Blasien, Bad Säckingen, Schopfheim und Schönau im Schwarzwald zudem. Darüber hinaus ist es in Familien– und Schöffengerichtssachen auch zuständig für den Amtsgerichtsbezirk St. Blasien.
Apropos die Welt ist noch in Ordnung: Wie auch andernorts in Baden-​Württemberg, hat man hier am Eingang des Gebäudes keine Sicherheitskontrolle. Stattdessen gibt es rechter Hand eine Infothek (auch an Stelle einer klassischen Wachtmeisterei). Allerdings, die Welt ist noch in Ordnung– hier gibt es eine Mittagspause von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr…
Die Sitzungssäle sind im 1. Obergeschoss konzentriert. Und hier wird offensichtlich alles verhandelt. Gegenüber des Saals, in dem ich meine arbeitsgerichtlichen Gütetermine hatte, hat ein Strafrichter verhandelt. Und in einem anderen Saal wurde offensichtlich ebenfalls strafrechtlich verhandelt– irgendwann ging die Tür auf und ein junger Herr wurde von zwei Beamten abgeführt…
Der Gang selbst vor den Sitzungssälen ist eher retro– immerhin gibt es einen Getränkeautomat. Die sanitären Anlagen enthalten übrigens im Bereich der Bedürfnisstände noch Ablagen für Zigaretten– hier bleibt man also eher im Geist der alten Zeit. Wenngleich sicherlich hier heutzutage nicht mehr geraucht werden darf.
Der Sitzungssal, den ich von Innen sehen durfte, war eher bescheiden eingerichtet– allerdings waren die Stühle bequemer als sie aussahen (und bei drei Terminen am Stück kann man das beurteilen). Das in Bayern obligatorische Kreuz im Sitzungssal gibt es hier nicht– dafür war das von Hirsch und Greif gehaltene Drei-​Löwen-​Wappen an der Wand meines Erachtens doch eher großzügig dimensioniert.
Was für mich ein großer Kritikpunkt ist: Barrierefreiheit gibt es hier leider nicht. Und dies halte ich bei öffentlichen Gebäuden für einen massiven Fehler.
Gleichwohl, trotz allem: Zumindest aufrundend kann ich doch noch drei Sterne vergeben. Aber definitiv nicht mehr. Und auch diese Bewertung ist eher der historischen Substanz geschuldet.