sei Berlin

Froh zu sein Bedarf es wenig, und wer froh ist, ist ein König. So textet es uns Herr Mühling dankenswerter Weise im 18. Jahrhundert.
Dieses Ausstellungsobjekt ist so ein wenig. Eine leere Hülle, ein paar Worte. Dankenswerter Weise wurde dieses eine Mal auf die bevormundende Deutungshoheit verzichtet, nach der alle, die so wunderbar Berlin sein wollen, in einen engen Rahmen gepfercht werden, den Möchtefreis, Gernegroß und Kleingeist für uns alle Lesenden aus einem Kreativitätsworkshop für Einsteiger vor dem Aussteigen am Alexanderplatz mitgebracht haben.
Liebe Schöpfenden, wir danken euch dafür! Ihr seid hiermit nachweislich schonmal nicht Berlin. Ihr habt zwar viel Geld für das Zusammenschwurbeln dieser Apellgetüme erhalten. Viel Geld ist jedoch mehr das Ding von WI, M, HH oder D. Die haben hier zwar alle etwas zu suchen, ohne hier etwas verloren zu haben, jedoch finden sie auf ihrer Suche nach todsicheren Immobilieninvestments (jaja, ich weiß, alte Leier, Gentrifizierungsblabla) immerhin die Wohngebiete, die dort Angestammte zu Verlierern ihrer Heimat werden lassen. Eine echte Wirkung, ein echter Effekt in der wirklichen Welt.
Die sei Berlin-​Täfelchen sind da schon anders. Klar, in der echten Welt kostet das ausgegebene Geld für diese Kampagne einigen Handlungsfeldern und Projekten notwendige Finanzmittel, das ist jedoch ganz prima, weil arm = sexy = Berlin.
Was dieser Sesselfurzkampagne jedoch abgeht, ist der schlichte Bezug zur verbreiteten Realität in Berlin: Nichts von dem was Berlin ausmacht wurde von Schmalspurmaschinisten konzipiert, entworfen und dann propagiert. Vermarktet. Verbreitet. Vermanscht und ermurxt.
In anderen Städten oder Regionen mag ein solches Branding, Marketing oder Verbalpupsen eine echte Hilfe sein, notwendig und überlebenshilfreich vor dem anstehenden Hirntod oder Einwohneraussterben.
Hier aber brauchen wir das nicht.
Guck aus dem zerkratzten S-​Bahnfenster.
Frier Dir im Winter die Hände ab.
Halt einfach die Fresse, wenn Du nichts zu sagen hast.
1,5 Mio EUR bitte. Jetzt. Sonst rufe ich die Agentur. Oder werfe mit dem Alexanderplatz.