Kirchberg

Heute möchte ich meine Potsdam-​Reihe mit einem Beitrag über Neu Fahrland fortsetzen.
Im Trabantenort von Neu Fahrland gibt es nur kleine Wohnhäuser. Keine Geschäfte, keine Lokale nichts. Solche Orte existieren auch heute noch. Nur jetzt haben die Bewohner Autos oder es fahren Busse, damals musste man laufen. Nur vereinzelt gab es glückliche Fahrradbesitzer.
Hatte meine Mutter auf dem Weg von der Arbeit nach Hause, etwas vergessen, lief ich als 4-​jährige die 2 km zum Teil durch den Wald nach Fahrland zum Konsum. Das war kein Problem, ich war ein aufgewecktes Kind.
Allerdings: einmal saß ein Wolf im Wald! Gar nicht weit von meinem Weg entfernt. Wie von Furien gehetzt bin ich nach Hause gelaufen. Ich hatte wohl solche Panik, dass mich meine Mutter nicht mehr zum Einkaufen geschickt hat. Ich sehe das Tier heute noch dort sitzen, es hat inzwischen starke Ähnlichkeit mit einem Schäferhund!
Aber zurück zu meiner kleinen Wanderung. Ein Qyper hat im letzten Jahr den Kirchberg von Neu Fahrland erwähnt, das ist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Wohnte ich doch Am Kirchberg, aber ich war nie ganz oben gewesen. Das wollte ich unbedingt nachholen.
Der Bus brachte mich von Potsdam nach Neu Fahrland. Ich brauchte nur die Straße zu überqueren und schon war ich im Wald. Der Weg auf den Berg ist ein längeres Stück mit Betonplatten ausgelegt. Welche Fahrzeuge sind hier wohl gefahren? Die Kuppe ist eingezäunt. Ein Schild weist auf Wasserversorgung hin.
Wenige Schritte abseits gibt es einen intakten Aussichtspunkt. Das heißt, die Bäume sind so gestutzt, dass der Blick bis Potsdam bzw. über den Fahrlander See möglich ist. Das habe ich sehr genossen.
Vom Berg (85m) herab, wählte ich die Strecke zu unserer ehemaligen Wohnung. Der Weg wurde etwas steiler. .. und ich erinnerte mich an eine Schlittenfahrt auf genau diesem Weg. Mein fünfjähriger Wille musste sich gegen mein Hasenherz durchsetzen, damit ich diese verwegene Abfahrt bewältigen konnte und vor den größeren Kindern nicht als Feigling dastand. Habe ich auch nie vergessen schmunzel.
Unten stand ich direkt vor unserem Haus. Es war ein sehr sonderbares Gefühl. Oben auf dem Balkon erschien eine Frau und blickte zu mir herab. Ich erklärte ihr verlegen, wieso ich herauf starre. Sie lud mich spontan auf einen Kaffee ein, das war einfach Klasse.
Später ging ich auf meinem Weg durch den Wald nach Neu Fahrland. Heute ist der Weg geteert, es gibt Straßenlaternen und keine Wölfe lungern herum grins.
Die Häuser aus meinen Kindertagen stehen noch. Da ist das helle Haus, das früher den Konsum-​Laden beherbergte. Oder das Gebäude aus der Kaiserzeit, in dem damals die MTS (Maschinen-​Traktoren-​Station) untergebracht war. Meine Mutter hat hier halbtags gearbeitet.
Es hat mich zur Nedlitzer Brücke gezogen. Hier gibt es, so lange ich denken kann, das Park-​Restaurant. Auf dem Grundstück stehen mehrere Gebäude, die alle zum Restaurant Komplex gehörten. Im großen Hof, er zog sich bis zur Dampfer-​Anlegestelle Großes Horn, spendeten ausladende Linden den ganzen Sommer Schatten.
Im Seitengebäude war ein Saal eingerichtet. Hier wurde meine kleine Schwester 1948 getauft. Daran kann ich mich nicht erinnern, war ja selbst erst zwei Jahre alt. Aber das ich später auf dem Weg von Bornstedt zur Badestelle Fahrlander See hier Halt machte, um mir für nen Groschen ein Waffeleis zu kaufen, das weiß ich noch. Man konnte mit dem Fahrrad bis zur Hauswand fahren, es gab ein kleines Fenster aus dem das Eis verkauft wurde.
Im Juli 08 hatten, während ich die Fotos machte, Abrissarbeiten begonnen. Es bricht mir fast das Herz. Schade, dass die schönen Gebäude nicht restauriert werden konnten.
Karte: Potsdam 1:20.000

Der Kirchberg in Neu Fahrland bietet zu jeder Jahreszeit einen schönen Blick in Richtung Potsdam. Der Aussichtspunkt ist nur zu Fuß oder per Fahrrad zu erreichen. Von der Bushaltestelle Bassewitz in Neu Fahrland führt direkt ein Betonplatten-​Weg auf den Kirchberg. Vom Kirchberg, der selbstverständlich auch von Theodor Fontane erwähnt wurde, sieht man von einer Aussichtsplattform über den Jungfernsee bis hin zur Glienicker Brücke. Selbst die Sky-​Line der Potsdamer Innenstadt und das Belvedere auf dem Pfingstberg kann man bei guter Sicht erblicken. Eine weitere Sichtachse bietet einen Blick auf den Fahrländer See. Es ist ein schönes Etappen-​Ziel meiner persönlichen Laufstrecke und als solches wirklich zu empfehlen.