Mit meinem Kaffee sitze ich im Sessel vor der wärmenden Heizung. Die Vermieterin säh es bestimmt nicht gern, aber die Heizung steht auf 5. Es war so bitter kalt und nass. Außerdem: Es hieß 150, — Euro die Woche. Doch plötzlich stellt sich heraus, die Woche hat nur fünf Tage. Montag bis Freitag. Ist doch klar. Das ist die Woche. Die Arbeitswoche, denke ich mir. Es muss wohl die Arbeitswoche gemeint sein. Und Wochenende ist etwas anderes. Schönes WE eben, wie es so in der Geschäftskorrespondenz heißt. Tja. Im Rechnen waren die anderen schon immer besser. Viel besser. Die wussten wie. Zwei Schritte neben mir, an der Zimmerwand, gleich neben dem Fenster mit dem hellblauen Vorhang, die Kopie eines unvollendeten Greco aus dem Prado. Eine Maria. Auf hellblauem Grund. Sie sieht eigentlich zu Boden. So wie ich, in meinen Kaffee. Dann sehe ich kurz seitlich hoch, ganz nebenbei, unabsichtlich, aus Versehen und für diesen Moment hebt sie auch ihre Lider — und sieht mich an. Mit ihren schwarzen Augen. Ein langer, tiefer Blick. Ganz heiß, ganz intensiv. Wie vom Schlag gerührt sitze ich da. Ich glaube es nicht. Ich will noch einmal sehen, ob das wahr ist. Ich will, dass sie mich noch einmal ansieht. Genau so. Aber sie, sie sieht schon wieder in ihrer ewigen traurigen Versonnenheit nach unten. So, als wär nichts gewesen. Herr im Himmel, wer spielt mit mir? Bist du es? Ist sie es? Oder ist es dein Sohn el Greco, der Begnadete, der alte Fuchs? Oder fall ich auf euch beide, dazu mich selbst und alle Wunder und Heiligkeiten, die mir durch die Ohren gegangen sind herein? Und doch: Ich erlebe ein höchstes Glück im Leben eines demütigen Christenmenschen. Eine Marienerscheinung. Ich bin dankbar und bleibe es. In Ewigkeit. Amen. 4. Oktober 2004. Zeit der Wunder. Der Hausherr war einst singender Maler, dann weithin berühmter Opernsänger und gibt sich heute als Schlachter. Aus Liebhaberei. Eines seiner Hobbys. Zwei drei Schweine im Jahr. Ausgesuchteste Qualitäten in Wurstwaren werden angeboten und sind zu empfehlen. mit freundlicher Genehmigung von René Beder