Cap Anamur-Gedenkstein

Bei aller Hektik aller Tage, bei aller wahrscheinlich künstlich gemachter Krisenstimmung, lohnt es sich, hier kurz vor den Landungsbrücken einmal stehen zu bleiben und sich den Text an der Gedenktafel zu verinnerlichen.
Der Text ist auf den Fotos zu erkennen aber auch über diesen Link
einzusehen.
Mir kommt auch glechzeitig in den Sinn, was die Gesellschaft eine Zeitlang mit den Flüchtlingen der Exodus gemacht und mit welchen Gedanken sie letztendlich hier in der Nähe im Lager Pöppendorf bei Lübeck angenommen wurden.
Im Jahr 1947 wurden die durch die Briten in Palästina zurückgewiesenen KZ-​Überlebenden des Schiffes Exodus im Rahmen der Operation Oasis dort interniert. Eigentlich wollten 4500 nach Palästina in die neue Heimat, wurden aber in einigen Mittelmeerhäfen nicht angenommen um später über Hamburg gewaltsam in das Pöppendorf-​Camp (hinter Stacheldraht) gebracht zu werden.
Ein Gedenkstein hierzu ist auch ganz in der Nähe.
Vergessen sollten wir auch nicht, dass die Besatzung der Cape Anamur sogar für ihr Eingreifen 2004, als sie 37 afrikanische Flüchtlinge im Mittelmeer an Bord genommen hatten, verfolgt worden ist. 4 Jahre Gefängnis und 400.000 Euro Geldstrafe sollten sie bekommen, wenn es nach dem Staatsanwalt ginge.
Das Menschenrecht, verankert im Grundgesetz ist doch eins unserer Höchsten Güter, oder ?
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 3
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Also auch alle Europäer und Nicht-​Europäer, alle die eine Heimat haben und alle die eine neue finden müssen.
Wünschen wir uns nicht auch alle Grenzen, an denen niemand zu Tode kommen muss ?
Stefan Schmidt, einer der Verfolgten der Cape Anamur hat Samstag im NDR, befragt zu den derzeitigen Flüchtlingsdrama im Mittelmeer gesagt:“Wenn ich genug Finanzkraft hätte würde ich die Europäische Union wegen unterlassener Hilfeleistung verklagen.“
Cap Anamur/​Deutsche Not-​Ärzte e. V. ist eine deutsche Hilfsorganisation, die von Christel und Rupert Neudeck sowie dem Schriftsteller Heinrich Böll gegründet wurde.
Ich jedenfalls bin dankbar für diese Gedenktafel, sie macht mich nachdenklich, was dieser Tage alles so nicht passiert.

Kurz vor, bzw. kurz hinter dem Zugang zu dem Landungsbrücken befindet sich auf der großen Fussgängerpromenade dieses Denkmal, dass an die Flüchtlinge des Vietnamkriegs Mite und Ende der 1970ger Jahre erinnert. Ich gebe zu: Auch mir ist dieses Denkmal nie aufgefallen, obwohl es bereits 2009 offiziell eingerichtet worden sein soll. Umso mehr achte ich jetzt immer darauf, ob diese Gedenkstätte von Passtanen wahrgenommen wird, wenn ich hier vorbeikomme. Es passiert selten, dass jemand dieses Mahnmal beachtet.
Man ist meistens damit beschäftigt auf andere Passanten, bzw. mit den Geschehnissen auf der Elbe zu achten.
Ein Grund mehr, diese Gedenkstelle hier einmal zu erwähnen:
Die Cap Anamur war ein Frachtschiff, dass notdürftig zu einem Lazarettschiff umgebaut wurde und flüchtende Familien aus Vietnam am Ende des Vietnamkriegs aufnahm und diese Flüchtlinge in ehemalige Bündnisländer von Südvietnam brachte. Da dies Schiff von einer Hamburger Reederei betrieben wurde, wurde die Gedenkstätte nahe der Rickmer Rickmers direkt an den landungsbrücken errichtet.
Wie ich finde eine sehr schöné und treffende Gestaltung der Gedenkstätte (klar und deutlich, ohne (zu) großes Phatos), die unbedingt mehr Beachtung und auch ein kurzes Innehalten verdient.