Marens-Apartment

LOB FÜR PROFESSIONALITÄT
Das sind doch keine Summen /​Das sind doch keine Summen /​mit denen man ein Haus baut! /​Die verfressen alles selber! /​die verfressen alles selber
(Brecht /​Weil, Die sieben Todsünden der Kleinbürger)
Wir verfressen & vertrinken auch gern alles selber, bauen kein Haus in der Schloßstraße und ziehen in kein Hotel in Stuttgart! Dort schon mal gar nicht. Sondern nehmen uns preisbewußt ein Apartment irgendwo in der Umgebung! -
Also wirft der Kraska jetzt mal dieses neumodische Internetz an (diesel diesel diesel ding dong! — dauert immer ein bißchen!) und guckt die Angebote bei b & b happy — ich glaube, so hieß die Agentur, ich kann nichts dafür! — durch.
Puha, hui buh & grusel! Was für Förrrschterlischkeiten da angeboten werden: Versiffte Teppichböden, verlauste Perserteppiche, verwanzte Tapeten! Omas Eichen-​Anrichte, Klo auf halber Treppe, Bettchen in der Garage! Und das für Mondpreise! Aber da, Moment mal, das sieht doch gut aus:
Marens Apartment in Esslingen-​Berkheim. Kühle Fliesen, kleine nette Küche, Blick ins Grüné, TV, DVD– und CD-​Player, hübsches Bad, ordentliches Bett, alles da! Eine Terrasse sowie anhängend ein kleines Gärtchen auch noch! Und nur 60 EUR die Nacht, pro zwei Nasen! Und kaum eine viertel Stunde vom Stuttgarter Zentrum, falls man da denn doch mal hinwill.
Ich will jetzt keine Romane schreiben (Kraska! Es ist bloooß ein Zimmer!), sondern das hohe Lob der Professionalität singen.
Wir treffen die Vermieterin, eine coole junge Frau um die na! Wer wird denn bei Damen das Alter schätzen! Jedenfalls bestimmt noch keine Ende Zwanzig. Assistentin für internationales Dingsbums in einer großen Firma, die so relativ wichtigen technischen Kram herstellt. Maren heißt das Mädle, sie hat das Apartment selber gemietet, um es weiterzuvermieten. Dolle Geschäftsidee? Hat sie die erste Million schon beisammen? Née, das Geld bleibt klein, da sorgt schon das Finanzamt für, daß jungen mutigen Existenzgründern die Ohren nicht über die Stirn wachsen!
Aber Maren Gülck (kein Tippfehler: Sie heißt nicht Glück!) organisiert gerne — und das zeigt sich jetzt.
Selten hab ich jemand erlebt, der die Balance zwischen persönlicher Betreuung (Kraskas zu Gast bei Freunden) und freundlich professioneller Distanz so gut hinbekommt. An was sie alles gedacht hat! Ohne mich zu kennen, hat sie den Kühlschrank aufgefüllt, aber so, daß jede Hotel-​Minibar vor Scham erröten müßte: Wein, Bier, Säfte, Baileys, Eierlikör (Woher weiß sie, daß ich eine heimliche Neigung zu Eierlikör habe?), Müsli-​Riegel, Süßigkeiten, Lakritz; natürlich ist für Kaffee gesorgt, drei Teesorten sind da, und zur Not könnte ich sogar Spaghettinudeln-​mit-​Tomatenpampe kochen, was immerhin das Leibgericht von Janosch’s kleinem Schweinchen ist.
Aber damit nicht genug: Im Regal stehen liebevoll ausgesuchte Bücher für LeserInnen aller fünf Intelligenzstufen, eine kleine CD-​Sammlung mit Salsa, Samba & Co., es gibt eine Handvoll DVDs mit Spielfilmen; das Bad ist mit allen Errungenschaften der Zivilisation (hard ware und soft ware) ausgestattet, es gibt Telefon, einen kostenlosen WLAN-​Anschluß, Ansichtskarten von Esslingen liegen zum Gebrauch aus hab ich was vergessen? Kurz: ES FEHLTE AN ABSOLUT GAR NICHTS! Maren Gülck scheint Perfektion im Detail zu schätzen: Für uns hat sie sogar Brillenputztücher bereitgelegt! — Und das alles, befand Maren cool, sei natürlich im Preis inbegriffen. Natürlich!
Wißt Ihr, was mich echt anmacht? Wenn Menschen ihren Job so richtig, richtig gut und mit Freude an der Sache tun! Das nenne ich Professionalität! Warum, verdammt, ist das noch immer so selten? Jungvolk! Ihr seid meine Hoffnung!
Einen Punkt Abzug, aber DAS konnte die Maren nun beim besten Willen nicht weg-​organisieren: Überm Haus befindet sich eine Einflugschneise des Stuttgarter Flughafens. Ich hab zwar keine Ahnung, warum derart viele Leute ausgerechnet immer nach Stuttgart wollen, aber es sind einige! Also alle drei Minuten eine Airbus-​Ladung voll, in Stoßzeiten. Zum Glück ist zwischen 0.00 und 6.00 Uhr Nachtflugverbot.
Ein kleines Pünktchen wieder dazu für den entzückenden Garten mit Teich, Seerosen und extra viel Idyllik!
Und für Fluffy, einen jungen, löwenmähnenfarbigen, unglaublich fetten Perserkater, der aussieht wie ein überdimensionierter Rollmops im Pelzmantel. Erkommt ab und zu vorbei, wirft sich auf den Rücken und wünscht, gekrault zu werden. Dann schiebt er wieder ab, Kätzinnen nachsteigen. Ich schätz ihn auf 18 Kilo, das kommt, weil, er gehört zum Haus, und alle Parteien fühlen sich verpflichtet, ihn zu füttern, zu kraulen und zu betütern.
Ein bißchen hab ich mich in diesem Apartment auch wie Fluffy gefühlt: regelrecht gülck-​lich!