Elmas Schmuck und Textil

BAUCHTANZ, MÄNNER-​KOPFTÜCHER UND DIE 99 NAMEN ALLAHS
Übrigens, tolles Hobby für Ex-​Frauen: Bauchtanz! Ich empfehle das! Meine Ex jedenfalls machte dabei immer eine ansehnliche Figur. Sie war ja auch jung und hübsch, Taille, Hüften und alles picobello, top Form usw., und wenn sie auftrat, war es immer mal Zeit für den Männer-​Kalauer: Jaa, wenn das soo aussieht, bin ich auch für Frauenbewegungen!’ Na, ja, lang ists her. Trotzdem oder deswegen mußte ich doch lachen, als Ağabey Farhan Demir mich heute fragte: Tanzt du? denn, ich besitze zwar einen stattlichen Bauch, bringe diesen aber prinzipiell nicht zum Tanzen.
Die Sache war die gewesen: Mein 99-​Perlen-​Tesbih (die Perlen stehen mnemotechnisch für die 99 Heiligen Namen Allahs) aus Rosenholz, von dem ich gerne erzähle, daß es der Scheich der Moschee von Urfa persönlich geweiht hat, war kaputt gegangen. Nun brauche ich zwar nicht die 99 Telefonnummern Gottes, weil ich ihn selten anrufe, aber das haptische Vergnügen der Fingerfummelei fehlte mir so es mußte also ein neues Tesbih her! Außerdem wollte ich eine rote Kufija, denn dieses arabische Tuch kleidet mich, vor allem, wenn ich Fünftagebart trage. Es gibt mir einen militanten touch, finde ich, ein bißchen radical chic, und es muß hier im Viertel auch nicht gleich jeder wissen, daß ich in Wahrheit ein hard-​core-​Fan und Verteidiger Israels bin.
Also bin ich zu Ağabey Farhan geradelt, der wie ich ein großes Talent zum Eckensteher, Schwätzchen-​Halter und Tag-​Verplauderer besitzt, dieses aber mit der Führung eines Geschäftes verbindet, wobei er Import (Ithalat), Export (Ihracat), Groß– (Toptan) und Einzelhandel (Perakende) miteinander aufs tunlichste verknüpft.
Er im– und exportiert vornehmlich Tücher, Schals, Langhaar-​Perücken, kostbares Geschmeide aus Alu, Katzengold und Silberimitat, Perlenschnüre, Ketten, Ringe, Reifen sowie allerhand Undefinierbarkeiten, die man vorsichtig in Zeitungspapier einwickelt und in eine Plastiktüte tut. Ohne diese Tüte aus orangenem, grünen oder weißen, hauchdünnen Plastik geht ja gar nichts, in türkischen Geschäften.
Wir kamen ins Gespräch, der Handelsmann und ich, tauschten Erinnerungen über Reisen in südostanatolische Provinzen aus, ich wurde am Kontor-​Resopaltischchen platziert und erhielt ein Gläschen Kardamom-​Tee, der, so Ağabey Farhan, so um Magen herum alles schön locker mache. Dabei rieb er sich ernst den Bauch, betrachtete den meinigen und fragte: Tanzt du? Er wollte mich damit nicht veralbern, er hoffte nur, man könne mir vielleicht noch etwas Bauchtanzbedarf aufschwatzen. Versuchen kann mans ja wenigstens, oder? Meine Tanzabstinenz nahm er gleichmütig hin, schenkte mir zum Trost sogar noch einen kleinen Tesbih aus irgendwelchen Duftnüssen.
Außerdem, ich bekam Tesbih und Kufiya (in der Plastiktüte!), verabschiedete mich ordentlich mit Teşekkürler efendi, görüşürüs, haydi Allaha ısmarladık, hosça kal!, und ließ mich mit der Einladung hinausbegleiten, doch recht bald wieder zu kommen, zum Teetrinken und Schwatzen. Ein Laden nach meinem Geschmack. Wie schade, daß ich nicht bauchtanze!