Schöne neue Welt

Ich kenne den Laden schon etwas länger, bin aber noch nie darin gewesen. Vielleicht weil ich Bambus oder Rattan nicht gut fand. Erst jetzt, als wir nach kleinen Beistelltischen suchten vielen mir die kleinen Tische im großen Schaufenster auf.
Diese Tische das wäre es, dachte ich und die würde auch passen. Im Laden selber gibt es nicht nur Sessel, Couchen, Betten, Vasen sondern auch diverse Wohnaccessoires. Es bringt Laune durch den Laden zu streifen und hier und dort einmal zu schauen. Ich hab mir ein Prospekt mitgenommen, um die Tischfrage mit meiner Frau zu besprechen. Die Leute die hier bedienen sind nett und zuvorkommend. Schnell bekam ich alle Infos zu den besagten Tischen.
Wir haben einen Tag später telefonisch bestellt und die Tische sind dann auch vereinbarungsgemäß geliefert worden. Ein netter Service.

Ich schwanke sehr zwischen drei und vier Sternen.
Also.
Schöné neue Welt. Das erinnert mich an Schule. Aldous Huxley. Pflichtlektüre. Gutes Buch. Klassiker. Embryonen werden manipuliert und eine utopische Gesellschaft erschaffen. Ich käme nie auf den Gedanken, einen Einrichtungsladen mit einer Wortkombination zu benennen, die so geprägt ist. Sei es drum.
Rattanmöbel. Machen sich ganz hübsch auf einer großen, überdachten Terrasse, denke ich. Hab ich aber nicht. Genau so wenig wie ein Budget in Höhe von nem Tausender pro gutem Stück.
Die Taschen allerdings — wunderlich, was sie in einem Einrichtungsladen zu suchen haben? Was soll es — sind ganz hübsch, kosten um die 50 Euro, mal mehr, im Angebot auch mal weniger. Und die Vasen bei Schöné neue Welt gefallen mir ebenfalls. Um die 20 Euro — überhaupt nicht zuviel für asiatisch edlen Look.

Die schöné neue Welt — irgendwie erinnert mich dieser Name doch etwas an den Kolonialismus des 19. Jahrhunderts. Tatsächlich findet man hier Möbel, Einrichtungsgegenstände und Accessoires, die zumindest stark an die Materialien bzw. Güter und Waren der damaligen Kolonien erinnern, aber da soll nun wirklich kein Zusammenhang hergestellt werden. Bambus, Rattan, Seide, Baumwolle, Holz sind hier die maßgeblichen Materialien aus denen Vasen, Kommoden, Sessel, Betten, Lampen, Taschen, Kissen usw. hergestellt sind. Diese sind durchaus raffiniert designed und der ein oder andere Hingucker ist auf jeden Fall dabei. Dafür muss man allerdings auch mal etwas tiefer in die Tasche greifen. Mal eben ein kleines Geschenk oder Mitbringsel kaufen setzt eine dicke Brieftasche voraus.

Wenn man die «Schöné neue Welt» betritt oder an den Schaufenstern vorbeiläuft, hat man irgendwie immer das Gefühl, daß hier seit Jahren die gleichen Artikel ausgestellt sind.
Kauft eigentlich noch jemand Rattanmöbel? Die gibt’s hier nämlich in Hülle und Fülle. Na, irgendwie existiert der Laden ja schon seit geraumer Zeit. Das eine oder andere Stück wird dann doch ein neues Zuhause gefunden haben. Die verkauften Ausstellungsstücke aus den Schaufenstern werden wohl einfach mit mit einem Geschwisterchen ersetzt. Die Dinge ähneln sich schon sehr.
Das Sortiment setzt sich aus Importartikeln aus Asien zusammen. Die angebotenen Stücke sind nun aber keine Billigware, sondern schon hochwertige Dinge, die auch durchaus ihren Preis haben.
Einzelne Teile sehen im richtigen Kontext bestimmt gut aus, eine komplette Einrichtung in dem feilgebotenen Wohnstil wirkt aber doch ein wenig arg rustikal und nicht unbedingt zeitgemäß.

Der Name mag utopisch klingen, kolonialistisch vielleicht. In Wirklichkeit handelt es sich hier schlicht um ein Einrichtungsgeschäft, das zumindest eine «schöné neue welt» innerhalb der eigenen vier Wände verspricht. Wenn es denn dann gefällt. Denn Geschmackssache ist das junge asiatische Wohndesign allemal. Nicht jeder mag Rattan, Sitzpolster oder lackierte Schüsseln und in der Menge, die die Welt, trotz relativ kleiner Größe zu bieten hat, erschlägt einen das asiatische vielleicht. Nimmt man die Stücke aber für sich herauss, betrachtet sie einzeln, wird man hier Möbel für’s Leben finden. Oder zumindest eine schöné Schale!