Oper Köln

So, jetzt ist es soweit, die ersten Veranstaltungen der Oper finden im Gerling-​Quartier statt, ich habe am Freitag einen Arienabend mit Max Emanuel Cencic aus der Schweiz gesehen. Das Konzert im Rahmen des Festivals für Alte Musik war super: Das Barockorchester «I Barocchisti» hat gespielt, als ob nichts wäre, obwohl die beiden Hornisten erst verspätet eintrudelten. Der Dirigent hat seine 1. Geige mitten im Konzert mit einem Hustenbonbon gefüttert, als die sich laut räusperte. Schade ist, dass der Konzertsaal, der in der früheren Kantine des Gerlingquartiers untergebracht ist, die Bühne in seiner Mitte aufgebaut hat. Sieht zwar spitze aus, ist für einen Sänger aber total bescheiden, denn er dreht immer mindestens der Hälfte der Leute den Rücken zu, mit dem Ergebnis, dass diese nur einen 50%igen Musikgenuss haben. Dementsprechend verunsichert war Cencic zwischenzeitlich auch, er wusste nicht mehr so recht, wohin er singen sollte.
Insgesamt war der Abend ein Erlebnis, weil wir in der Pause natürlich durch den früheren Innenhof des Gerling-​Quartiers spaziert sind und noch einen Blick in den venezianischen Saal geworfen haben. Alles ist total edel mit schwarzem Mamor verkleidet, sieht schön aber alt aus.

So langsam sollten sie alle wieder zurückgekehrt in die heimischen Gefilde sein, die rund 350 Leute der Oper Köln, die mit Wagners «Ring der Nibelungen» zur EXPO 2010 nach China gefahren sind und dort bis 24. September dort mit dem dirigierenden Markus Stenz Gastspiel gaben — was gut ankam, die Kritiken jedenfalls waren angetan und die Chinesen respektive sämtliche Expobesucher der Welt wissen nun, was Germany — Cologne — kann und wo Germany — Cologne — ist. Ja, eigentlich kann man stolz drauf sein, was die Kölner Kultur international zu bewegen vermochte, flossen doch Tränen bei den Nibelungen, egal welcher Herkunft die Besucher der Kölner Oper in Shanghai waren, denn: wie sagte E.T.A. Hoffmann einst: «wo die Sprache auffhört, fängt die Musik an». Keine schlechte Werbung, fürwahr nicht! Ja, eigentlich.
Wäre da nicht dieser kleine Wehrmutstropfen, dass das ja Geld gekostet hat — 800 000 € -, die der Stadtkasse zu lasten fallen und das in Zeiten, in denen die Freie Theaterszene Kölns um jeden einzelnen Cent kämpfen muss — in diesem Jahr stehen 1,3 Mio € Einsparungen zur Debatte, im nächsten Jahr rund 2 Mio € — heute ist übrigens der große, alles entscheidende Tag diesbezüglich, die endgültige Haushaltsbeschlusssitzung des Stadtrats -. Was alles Zahlen sind, die vielleicht nicht überraschen, wenn man weiß, das Kulturdezernent Quander eigentlich Opernregisseur ist — er wurde eine Weile als neuer Opernintendant ab 2011 fürs Stuttgarter Opernhaus gehandelt, bis er im Sommer diesen Jahres von der Nachfolge des jetzigen Stuttgarter Intendanten zurücktrat -. Nun denn, und dann wäre da ja auch noch die Sache mit dem Opernquartier…

Was für ein Theater! Die Sanierung der Oper hat die Frage «Was läuft da eigentlich so in der nächsten Spielzeit?» ziemlich verdrängt. Das Motto ist auf jeden Fall schon mal «Tapetenwechsel».
Mein Verhältnis zur Kölner Oper ist zwiespältig. Ich liebe es wirklich hin und wieder ein Stückchen Hochkultur zu kosten, bin aber wie die meisten Operngäste, die nicht wirklich Ahnung haben, bei den Stücken erstaunlicher Weise weniger offen für experimentelle Extravaganzen als beim Theater. Und da fängt das Problem dann an, denn die Kölner Oper ist sehr bereit für experimentelle Extravaganzen. Bei der Inszenierung von «Samson und Dalia» wurde es dann sogar den Künstlern zuviel, die Solisten sprangen ab und nach und nach meldeten sich die Chormitglieder krank…
Ich erinnere mich an Macbeth vor ein paar Jahren und diese Inszenierung war so schrecklich unterkühlt und grau. Deshalb war ich wieder sehr besänftigt bei der Zauberflöte, bei der mich eine ähnlich minimalistische Inszenierung doch sehr enttäuscht hätte. Da wurde mit wundervollen Kostümen aufgewartet, die ein bisschen an den Herrn der Ringe erinnerten…
Was wirklich gut zu wissen ist, für alle, die ja gerne mal hingehen würden, aber Ihr Geld dann doch lieber ins Kino tragen: DIE OPER IST NICHT TEUER. Ich bin immer total überrascht, dass man auch noch spät sehr günstige Tickets bekommen kann. Also, schnell noch mal ins Riphan-​Operngebäude, bevor sich die Oper erst einmal andere Spielstätten suchen muss!

Was sich Großstadt nennt muss natürlich auch eine Oper haben. Während in anderen Städten jedoch prunkvolle Bauten das Stadtbild verschönern ist die Möglichkeit des Besuchs der Oper in Köln das einzig positive daran.
Der wenig gelungene Bau liegt auf dem ebenso lieblos gestalteten Offenbachplatz. Auch im Innenbereich ist man mehr an einen Bürokomplex aus den 70er Jahren erinnert als an einen Ort für musikalische Meisterwerke. Das mindert natürlich ein wenig den Gesamteindruck beim Besuch einer Vorführung.Diese sind dafür aber vielseitig.
Es sei erwähnt, dass sich die Stadt Köln der Lage bewusst ist und intensiv an einer Neukonzepotionierung gearbeitet wird.