Lutherkirche

Ich habe selten soviel politisches und kulturelles Engagement erlebt, wie in dieser Kirchengemeinde. Ich bin zwar kein Gemeindemitglied und außerdem noch katholisch, aber die letzten zwei Veranstaltungen, die ich hier erlebt habe, haben mir ganz schön zu denken gegeben. Einmal wurde die kolumbianische Anwältin Liliana Uribe ausgezeichnet. Sie setzt sich in ihrer Heimat für Angehörige von Verschwundenen ein, meistens hatten diese sich zuvor gegen den Staat aufgelehnt und sind darum Opfer von Übergriffen durch die Polizei oder das Militär geworden. Es waren viele interessante Menschen da und bei kolumbianischem Essen und Musik haben sich alle über die Situation in Kolumbien ausgetauscht, voll spannend.
Das andere Mal war ich sonntags bei einer Messe, die von einer südamerikanischen Musik– und Tanzgruppe mitgestaltet wurde. Der deutsche Pfarrer war sehr entspannt und es gab einfach viel zu gucken und eine ganz schöné Stimmung der Gemeindemitglieder untereinander.

Die Lutherkirche ist so, wie eine Gegenwartskirche sein sollte: offen für alle und mit einem ansprechenden Programm. Die evangelische Gemeinde hat einen weiten Horizont und das zeigt sich zum Beispiel im Talkgottesdienst. Hier werden nicht nur kirchliche oder religiöse Themen besprochen, sondern auch ganz weltliche und gesellschaftlich relevante. Gäste waren bis jetzt zum Beispiel Dieter Wellershoff, Günter Wallraff oder im Rahmen des Sommerblut-​Festivals die großartige Georgette Dee. Und als nächster Gast steht Lale Akgün auf der Talkliste. Wem beim Talkgottesdienst zuviel gequatscht wird, dem sagt vielleicht der Tangogottesdienst zu! Außer dieser ungewöhnlichen Gottesdienstformate gibt es eine Reihe anderer bemerkenswerter Veranstaltungen: ein Designmarkt, Flamencoabende, Auftritte des Menschensinfonieorchesters, Kunstausstellungen und vieles mehr. Eine Kirche, die irgendwie genau am richtigen Platz ist — nämlich in der Südstadt.