Redaktion Ohrenkuss

Ich bin kein Sozial– oder Benachteiligtenromantiker, eher Normalisierungs-​, Solidaritäts– und Integrationsfreund. Nur, daß jemand arm, krank oder behindert ist, macht ihn noch nicht zu einem besseren Menschen. Trotzdem habe ich den Eindruck, manche Behinderte werden unterschätzt. Zum Beispiel Menschen mit Down Syndrom. Zu diesem Thema ein Platz, der sowohl virtuell (website), print-​medial und real (Bonn) ist: Redaktion und Zeitung «Ohrenkuss». Ein Magazin, professionell gemacht mit Text-​, Foto– und Graphik-​Beiträgen Jugendlicher und junger Erwachsener mit Down Syndrom, zumeist themenzentrierte Hefte über Komplexe wie Liebe, Träume, Arbeit, Kunst etc. Was da unter der behutsamen Leitung der Psychologin Dr. Katja de Bragança auf die Beine gestellt wird, ist sensationell! Beziehungsweise: Lustig, kreativ, poetisch, witzig, überraschend, inspirierend. Je nach Schwere der Behinderung haben diese Menschen einen anderen Sprach-​Duktus, direktere, oft unmittelbar ins Herz treffende Bilder und Metaphern. Ich hoffe, das klingt nicht gönnerhaft. Ist nicht so gemeint, jedenfalls. Jede Aussgabe des «Ohrenkuss» ist ein kleines Kunstwerk und geignet auch für Normalos, um das eigene Sprachgefühl aufzumischen, um aus ungewohnten Perspektiven auf die Welt zu schauen und — gewissermaßen von innen, im O-​Ton unmittelbar zu erfahren, wie «Downies» UNS sehen. Das kann frappierende Effekte haben. Schaut Euch doch als erstes mal die website an (
). Dort gibt es ein Archiv, in dem man Texte einsehen kann. Macht das mal!