Klosterkirche Stiepel

Die Steine sind schön, keine Frage.
Der Geist, der hier wohnt, ist aber unfreundlich. Ich hatte einmal das Vergnügen, über
mehrere Wochen an einem externen Seminar teilzunehmen. Die Räume
waren kostenpflichtig angemietet. Die Mönche zeigten sich jedoch
respektlos und rüpelhaft. Sie platzten ungebeten in die
Veranstaltung hinein, um dort Bibeln zu sortieren und sich über uns
lustig zu machen. Das nächste Mal latschte 30 Minuten vor Mietende
ein Chorleiter herein, um den Flügel zu rücken. Sein Kommentar auf
unser Erstaunen: Mein Chor muss pünktlich mit der Probe beginnen,
ich kann keine Verzögerung dulden. Muss man sich so was bieten lassen?
Bestimmt nicht!

Zisterzienserklöster und ihre Klosterkirchen haben ja meistens schon einige Hundert Jahre auf dem Buckel, nicht aber die Anlage in Stiepel. Also bin ich mit gemischten Gefühlen angereist, denn neugotische Kirchen meide ich für gewöhnlich. Diese Stiepeler Kirche hat aber eine ungewöhnlich schöné Ausstrahlung und gelungene Proportionen. Gebaut wurde sie ¹⁹¹⁴⁄₁₅ auf einem Hügel im ländlichen Ruhrtal. Der Grundstein ist der «Himmelskönigin Maria» geweiht unter dem Titel Mariae Himmelfahrt, denn die Stiepeler Urahnen verehrten sie als ihre Patronin, und bis heute finden regelmäßige Marienwallfahrten hierhin statt. Auch in der Klosterkirche geht es sehr Marien– bewusst zu: die uralte Pieta im Nordflügel stammt aus der im 17. Jh. evangelisch gewordenen alten Dorfkirche und steht seit 1920 hier in der Obhut der weiß gewandeten Mönche. Sehr schön sind die farbigen Glasfenster, die auf die hell getünchten Kirchenwände herrliche Farbspiele werfen. Auch das zentrale Kuppelgewölbe hat ein äußerst sehenswertes Farbenspiel: in matten Blautönen vereinigen sich Kreise und Tropfen zu einem Himmelszelt. Der Altar ist modern und auffallend künstlerisch geformt, und das golden glitzernden Kunstwerk dahinter wirkt wie eine verehrende Geste an die Namenspatronin, die hinter sich — als goldene Statue — eine Rose die Wand hochranken lässt. Besonders schön sind die mehrfach am Tag erklingenden gregorianischen Mönchsgesänge, zu denen sich immer einige in Meditation versunkene Zuhörer gesellen. Zum Glück ist die Abteikirche tagsüber geöffnet, so dass man die gute Gelegenheit nutzen sollte, diese Klangentfaltung in hervorragender Akustik zu genießen.
Große Parkplätze befinden sich direkt unterhalb der Kirche, und im Klosterladen gibt es Bücher, Musik und vieles mehr.