Narkose Stübchen

Uriges Berlin — man muss es nicht mögen, aber man könnte es lieben.
Das Narkose Stübchen kann man eigentlich nicht bewerten. Das ist so, als würde man das Wohnzimmer eines Kumpels bewerten. Wer bin denn ich, zu entscheiden, ob es da nun schön und gemütlich oder abgewetzt und schaurig ist?
Das Bier schmeckt. Um es mal kurz und gut zu sagen.
Ich entscheide mich für vier Sterne, weil man da zu uns versoffenen Juristen immer nett ist, obwohl wir da nicht hin passen. Wir werden wie Freunde behandelt, dabei sind die meisten das erste und letzte Mal nach ihren Prüfungen dort.
Berliner Herzlichkeit hat manchmal eben doch viel mit Herz zu tun und weniger mit Schnauze. Da kann sich manch eine Szenekneipe eine gewaltige Scheibe von abschneiden und deshalb gibt es den fünften Stern noch oben drauf.

Es ist Nacht. Mitten am Tag. Trist ist das Wetter draußen, aber davon bekommt man im Inneren nichts mit.
Was tut man also hier? Der Name lässt es vermuten, man geht hier hin um Sorgen zu vergessen und sich der Stumpsinnigkeit des Lebens zu entziehen. Treffender hätte der Name nicht gewählt werden können. Treffender könnte das Publikum drin nicht sein.
Wären da nicht alle halbe Jahre einige Juristen, die mündliche oder schriftliche Prüfungen am naheliegenden GJPA hätten. Ich trete ein und bin sofort ein Fremdkörper. Ich falle auf wie ein Cowboy auf dem Kudamm. So muss es sein. Man nickt einem zu. Drinnen ist es viel kleiner als von draußen vermutet. Wir quetschen uns zu sechst in die kleine sitznische und bestellen beim Wirt. Zu jedem zweiten Pils gibt’s nen Kurzen oben drauf. Zisch weg.
Diese Szenerie kommt mir so surreal vor. In diese Lethargie eindringend führen wir hier unser kleines Kammerspiel auf. Als wäre das schummrige Licht über uns der Scheinwerfer für die Bühne. Man sieht uns zu. Man hört. Man sagt nichts zu uns. Dort wird ein Kreuzworträtsel gelöst, da geraucht. Im Radio läuft 91,4 oder ein anderer deeskalierender Radiosender. Ein Evergreen nach dem nächsten.
Dieter, der Wirt, wird nach einiger Zeit gesprächig. Da, wo wir sitzen, sei er früher gewickelt worden. Willy Brandt habe früher hier gerne einen übern Durst gepichelt. Dieser Wirt hat auch die unförmigste Plauze, die ich je sehen durfte. Dieser ganze Kneipencharme ist so echt wie es in Schöneberg nur sein kann.
Nur der Zigarettenautomat wirkt fehl am Platz. Dafür sind hier Aufkleber jedes erdenklichen deutschen Fußballvereins verewigt, doch man sei parteilos.
Nach zwei Stunden verlassen wir diesen wundersamen Ort. Es ist 18 Uhr. Es ist hell. Wir voll. Verliebt und schockiert zugleich. Zwei Tage später würden wir wieder hier sein.

also es ist super schön dort wen ich wieder in berlin bin möchte ich unbedingt ein wanderer mit meinem guten companion christoph dort hin machen