Uff, meine Herren! Was soll man zu so einer Kneipe nur schreiben? Vermutlich gibt es tausende davon in Berlin der ständig zur Fokussierung geschulte Blick filtert sie bloß heraus, weil einem das Unterbewusstsein einsäuselt, dass man sich ohnehin nicht traut, eine solche Kaschemme zu betreten. Eigentlich müsste man zwei Bewertung schreiben: eine mit nur einem Stern(absolut assige Kneipe) und eine mit fünfen(ein echt sehenswertes Original). Da das nicht geht, entscheide ich mich für den goldenen Mittelweg mit drei Sternen. Meine erste Begegnung mit dem Goldenen Löffel hatte ich schon einen Häuserblock weiter östlich. Soweit quillt nämlich der nikotin– und ausdünstungsgeschwängerte Kneipenmuff, wenn sich die Tür einmal öffnet, Tageslicht hineindringt und das bisschen verbliebener Sauerstoff die Gelegenheit zum Türmen nutzt. Zunächst dachte ich noch, die Eckkneipe hätte den sinnigen Namen Hier ist jeder herzlich willkommen, denn das steht neben der Tür. Dass das nicht der Name sein konnte, zeigte sich, als ich das zweite Mal an der Kneipe vorbeikam und gerade eine etwas angeschlagen wirkende, nicht mehr ganz junge Frau im hohen Bogen herausgeflogen kam, während von innen jemand Zombiähnliches die Tür mit einem Besen verkeilte. Um ehrlich zu sein, die Rausgeflogene hätte ich, wenn ich Gastronom wäre, auch nicht gern in meinem Etablissement bewirtet, aber ich fragte mich gleichzeitig, warum der Zombi, der kurz danach wieder in den Tiefen des Rauchvorhangs mit 70 cm. Sichtweite verschwand, bleiben durfte. Irgendwann kam dann der Tag, an dem die Furcht vom Voyeurismus besiegt wurde und ich den Entschluss fasste, den Goldenen Löffel einmal zu besuchen. Mit einem englischen Freund zusammen, dem für die Ganzheitlichkeit seines Germanistikstudiums kein Abgrund zu tief ist, stattete ich dem Goldenen Löffel einen Besuch ab. Jacken, Pullover und alles, was man ohne provokant zu wirken, zurücklassen kann, legten wir in einer benachbarten Pizzeria ab, huschten schnell hinüber und bestellten zwei Bier. Die Tresenkraft hätte ich kaum erkannt, so sehr war sie farblich schon mit der grau vergilbten Umgebung verschmolzen. Lange sah ich sie auch nicht, weil ziemlich schnell meine Augen zu tränen anfingen. Wir stürzten die beiden Biere hinunter, und auf mein zahlen bitte nannte die Dame irgendeinen läppischen Betrag, für den man nirgendwo sonst in Berlin ein Bier bekommt Spätis eingeschlossen. Für beide, ergänzte ich, doch die Dame wiederholte nur diesen Betrag, der offensichtlich ein zweites Bier mit einschloss. Dass es solche Kneipen noch gibt, ist eine Bereicherung. Ich bin aber auch ganz froh, dass es nicht die einzigen sind.