Designbörse Berlin 2013

2013 VINTAGE DESIGN CLASSICS im KAUFHOF!
Viele junge Leute um die Dreißig wandeln am 21.09.2013 herum und bekommen glänzende Augen, wenn sie einen Nierentisch aus den 60ern sehen. In der Designbörse feiern die 70er Jahre momentan Auferstehung, weil die Jungen Leute von heute sich diese schönen grellen Farben und das viele Chrom in den Alltagsgrau ihrer Bude stellen wollen.
(Siehe Foto unten)
Seit vier Jahren gibt es die Designbörse und sie ist mir in Berlin bisher nicht aufgefallen. Der Veranstalter entschuldigt sich fast Es wäre ja in Berlin gepfiffen und getrommelt so sehr viel los! Wir haben uns gegenseitig entschuldigt.
Ich bin auf die Jahre gezählt knapp vor den 70ern und habe beim Besuch der Designbörse völlig andere Ambitionen. Ich schiele nach den DDR Design Sachen. Das hat sich leider nur fast theoretisch gelohnt. Der Papst des DDR Designs, Günter Höhne Industrieforum der DDR (
) (publizistisch betrachtet) ist aber real vorhanden und hat einen eigenen Stand und verkauft nicht ein Stück reales DDR Design, er verkauft seine Bücher und macht eine kleine Designausstellung und Ehrung zu neunzig Jahre alten DDR Designern. Viele gehen vorbei und sehen nichts. Er und ich, wir beide jammern gebremst gemeinsam, das die Designgeschichte an den ehemaligen DDR Realitäten gegenwärtig sowas von vorbei pfeift, das es eine pure Schande ist. Es entstehen gegenwärtig weiße Flächen der Deutschen Designgeschichte in Hinsicht auf die Produktdesignleistungen der Ingenieure, Formgestalter/​Designer, Facharbeiter der DDR.
(Siehe Foto unten)
Das oben abgebildete Luder ist keine germanische Göttin, sondern eine raffinierte Nähmaschine. Die Geschichte der Freia (
), einer Nähmaschine aus Thüringen/​Suhl ist ein Beispiel für bisher wenig designhistorisch betrachtetes Design aus dem Osten Deutschlands.
Mir fallen vier Sachen auf. Zum einen der eben erwähnte Günter Höhne, zum anderen die oben erwähnte Nähmaschine von 1948 aus Suhl, die Freia, die für mickrige 80 Euro an einem Stand in der
Designbörse zu haben ist. Kleiner und eleganter hat weltweit niemand eine Nähmaschine technisch und gestalterisch so elegant damals in einen Koffer bekommen. Kein Designer, ein Ingenieur, Ernst Fischer, mit pfiffigen Gestaltungsergebnissen hat das gemacht!
Ich rechne nach. Den Quadratmeter Ausstellungsfläche gibt es für fünfzehn Euro. Der Stand des Freia Verkäufers ist ca. sechs Quadratmeter groß. Also neunzig Euro Standgebühr. Wenn er die Freia für 80 Euro verkauft, fehlen ihm noch zehn Euro, um den Stand pekuniär abzudecken. Wie für mich ersichtlich, ist ein Teil der Händler semiprofessionell und organisiert den Handel mit VINTAGE DESIGN CLASSICS Produkten im Nebenberuf. Das Geschäft mit diesen Produkten ist ein schwieriges Nischengeschäft, dass sich aber manchmal sehr spannend für die anwesenden Protagonisten der Ausstellung gestalten kann. Das sind alle Käufer und die Verkäufer.
Die Kandem Bauhaus Brandt Lampe, die momentan als Replik im Internet für 229 Euro verkauft wird, gibt es hier im Original zum fast gleichem Preis. Kunden aus New York, Madrid und London wuseln mit großen Taschen herum und sacken ihre Einkäufe ein.
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Dann ein Regalklassiker, wo ich heute noch nicht weis, wer hat da von wem geklaut.
(Siehe Foto unten)
Es geht hier um ein Regal von Wilhelm Renz, einem Palisanderregal, was man ab den Sechziger Jahren mit einem Macoré Furnier für wenige DDR Mark von Max Kluge aus Langenau erwerben konnte. Die schön proportionierten MDF-​Bretter sind heute so um 150 bis 450 Euro wert. Ich hatte so ein Regal (
) in zweifacher Ausführung über meiner Couch hängen und hatte damit einen fixen Griff zu den Büchern, die ich momentan gelesen habe, ohne in der Wohnung herum zu irren.
Zur dieser Designbörse gehen wie schon erwähnt, junge Leute um die Dreißiger, weil sie den Style heute absolut cool finden. mit Nierentisch und so. Die intellektuellen Bildungsbürger, die aus Stuttgart, Düsseldorf oder Frankfürt nach Berlin eingeflogen sind, stellen sich absichtlich unwissend, um beim Einkauf der Bauhaus– oder Werkbundfunzeln, ein gnadenlos cooles Schnäppchen zu machen.
Dann versuche ich unter den vielen professionellen und semiprofessionellen Händlern in der vierten Etage einen realen Produktdesigner aus Berlin mit VINTAGE DESIGN ATTRIBUTEN aufzutreiben, der nicht nur die fachlich belegte Qualifikation, sondern auch die Fähigkeiten und Fertigkeiten eines heutigen Produktdesigners intus hat.
(Siehe Foto unten)
Ich finde Dipl. Designer Gerd Kirchner, aus Berlin. Sein Stand ist relativ unauffällig bei dem vielen Chromlampenkram rundherum. Kirchner hat vordergründig seinen Schmuck dabei und Regalsysteme. Seine Lokomotiven, die er unter vielem anderen gestaltet, kann er in die 4. Etage des Kaufhofes nicht