Brecht Weigel Gedenkstätte

Man muss nur oft genug in Berlin unterwegs sein– und auch mal improvisieren. Denn die Brecht-​Weigel-​Gedenkstätte hatte ich zwar schon länger auf meinem Zettel (und wusste auch, wo sie ist) — aber Orte, die man nur zu festgelegten Zeiten im Rahmen von Führungen aufsuchen kann, sind für mich persönlich schwieriger als Orte, die man von X bis Y besichtigen kann.
Sei’s drum. Es hat am 1. Dezember letzten Jahres endlich geklappt. Von Brecht, einem der sicherlich wichtigsten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts, hatte ich schon zu Schulzeiten gehört (und durfte auch von ihm lesen– «Der gute Mensch von Sezuan» war eine unserer Lektüren im Deutsch-​Leistungskurs in der Oberstufe). Und als Wahl-​Augsburger habe ich mir letztes Jahr ein zweites Mal das Brecht-​Haus in Augsburg angeschaut. Und sogar 2014 zwei Brecht-​Stücke im Berliner Ensemble gesehen. Kurz und gut: Der Besuch hier war überfällig.
Eher spontan war ich auf dem der Gedenkstätte unmittelbar benachbarten Dorotheenstädtischen Friedhof, auf dem ja u.a. auch Brecht und seine letzte Ehefrau Helene Weigel ihre letzte Ruhe gefunden haben. Zu ihren Füßen im gemeinsamen Grab Brechts Tochter aus erster Ehe, Hanne Hiob. Ganz in der Nähe die 2014 verstorbene gemeinsame Tochter Barbara Brecht-​Schall in einem Urnengrab gemeinsam mit ihrem Ehemann.
Die Brecht-​Weigel-​Gedenkstätte befindet sich in einem eher unscheinbaren Haus. Eben dort, wo Brecht und Weigel ihre Wohnungen hatten. Wohnungen? Ja, Wohnungen. Sie waren zwar verheiratet, hatten aber getrennnte Wohnungen. Brecht und die Frauen würde für ein Drama mit weitaus mehr als 5 Akten reichen– und die Ehe stand sicherlich mehr als einmal auf der Kippe. Erschwerend kam hinzu, dass sie ja beide am Berliner Ensemble tätig waren.
1953 zog Brecht in dieses Haus in der Chausseestraße ein, kurz darauf die Weigel. Brecht zog 1956 aus– auf den benachbarten Friedhof. Die Weigel folgte ihm 1971.
Bereits kurz nach seinem Tod sorgte seine Witwe dafür, dass Brechts Räume quasi unangetastet blieben, da sie in Museum werden sollten. Es wurde auch — privat– ein Brecht-​Archiv gegründet. Und seit Brechts 80. Geburtstag im Jahr 1978 kann der geneigte Besucher Wohnräume Brechts und Weigels besichtigen.
Die Tickets gibt es in einem Eingangsbereich, der auch als Shop dient. Informationstafeln informieren über die wesentlichen Lebensstationen Brechts. Für die im Halbstundentakt stattfindenden Führungen werden 5 Euro pro Nase aufgerufen, die aber gut angelegt sind. Nicht nur, weil man nur im Rahmen der Führungen in die Räume kommt. Sondern auch, so ging es mir jedenfalls, von Leuten geführt wird, die sich auskennen und nicht einfach nur Auswendiggelerntes herunterrattern.
Durch den Nebeneingang, den Brecht gerne mal zur Flucht nutze, geht es in seine Wohnräume. Ich hätte mich so gerne hier einschließen lassen und in seinen Büchern geschmökert. Die Wände zeigen die vielseitigen Interessen Brechts– neben Konfizius befindet sich hier auch Kommunismus, zudem auch Biblisches.
In seinem großen Arbeitszimmer befinden sich eigentlich auf sämtlichen Tischen große Schalen. Nicht etwa hundsgewöhnliche Schalen, sondern seine Aschenbecher. Ich glaube, Helmut Schmidts Zigarettenkonsum war eher ein Kindergeburtstag gegen Brechts Rauchgewohnheiten.
In seinem Schlafzimmer nicht nur Mütze und Stock sondern auch, neben dem Bett, in dem er die letzten Atemzüge tat, Zeitungen von damals.
In den Räumen der Weigel ein Bild, als ob die Bewohnerin gerade mal kurz herausgegangen sei. Im Schlafzimmer die Pantoffeln vor dem Bett, auf einem Tisch ein ganzer Stapel Manuskripte. In der Küche noch der Kalender für das Jahr 1971.
Eine halbe Stunde geführten Rundgang habe ich selten so kurzweilig erlebt– und, wie gesagt, ich hätte mich hier verdammt gerne einschließen lassen. Langweilig geworfen wäre mir nicht.

Ein zunächst unscheinbares Wohnhaus in der Chausseestrasse im Bezirk Mitte.
Ein mehrstöckiger Altbau mit Hinterhof. Links daneben zwei alte Friedhöfe. Die Tram rappelt laut vorbei… Das ist also das Berliner Brecht Haus, indem Brecht und Helene Weigel lebten. Im Vorderhaus ein Literaturforum. Passt irgendwie. Brecht lebte zuvor in Weißensee, in der Berliner Allee. Er wollte näher an seinem Theater am Schiffbauerdamm wohnen, dem Berliner Ensemble. Deshalb der Umzug hierher.
Das Haus neben dem Dorotheenstädtisch-​Friedrichswerderscher und Französischer Friedhof, auf dem Brecht und Weigel bestattet liegen, wurde von Berthold Brecht von 1953 bis 56 bewohnt. Es wird heute durch die Akademie der Künste Berlin verwaltet.
Im Durchgang zum Hinterhaus blickt der Besucher auf mehrere Infotafeln, unter anderen mit Zitaten von Brecht.
Auf dem Hinterhof befindet sich rechtsseitig das Hinterhaus. Hier im Erdgeschoss rechts befand sich die Wohnung und die Arbeitsräume des Künstlers.
Hier existiert eine kleine Ausstellung über das Leben und Wirken der beiden Künstler. Zu vorgegebenen Zeiten können Führungen durch die Räume getätigt werden.
Eine interessante und einfache Ausstellung. Es lebe das Andenken und die Erinnerung an Berthold Brecht… ewig.

die früheren wohnungen von bertholt brecht und helene weigel in der chausseestraße sind (nur mit führung, max. 8 personen) zu besichtigen. es finden regelmäßige führungen (ohne voranmeldung) statt.
wir haben das vor einigen jahren mal gemacht und es war sehr interessant.
man fühlte sich ein bißchen so, als wären brecht und weigel gerade einkaufen gegangen, während man sich schon ein wenig umschauen durfte.
mir hat die schlichte klarheit (bis zum geradezu asketischen schlafzimmer) der brecht-​wohnung sehr gefallen, passt irgenwie zu seinen gedichten.
(foto von sibylle bergemann)